Zusammenfassung
Freizeit und ihre Bedeutung für die jeweiligen Mitglieder industrieller Gesellschaften obliegt einem ständigen Transformationsprozess und ist von Zäsuren (vgl. dazu Opaschowski 2006, 32f.) in einzelnen Epochen – auch in jüngster Vergangenheit – geprägt. Überhaupt ist die Freizeitsemantik einem gesellschaftlichen Wandel unterzogen und steht in einer engen Abhängigkeit zu der subjektiven aber auch kollektiven Bewertung der eigenen Gesamtsituation durch Individuen oder jener auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene. Die bislang prägnanteste Veränderung des gesellschaftlichen Verständnisses von Freizeit betrifft – parallel zum Übergang von der Moderne zur Postmoderne, von der Industriehin zur Wissensgesellschaft – die Abkopplung dieses Begriffs vom Tätigkeitsbereich der Arbeit. Bis zu diesem Zeitpunkt wird Freizeit als Residualgröße gesehen, als ein Zeitabschnitt, der sich zeitlich negativ von der Arbeitsphase abgrenzt. Eine begriffliche Einordnung von Freizeit wird über die Bestimmung dessen, was sie nicht ist, versucht (vgl. Brake 2003, 83). So wird in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts in der wissenschaftlichen Literatur der unmittelbare – aber auch einseitige – Zusammenhang zwischen Frei- und Arbeitszeit betont, wonach der Begriff Freizeit stets in seiner Wechselbeziehung zu Arbeit zu sehen ist, damit ohne den dazugehörigen Arbeitsbegriff nicht denkbar und interpretierbar wäre (vgl. z.B. Müller 1965, 11; Tartler 1961, 14). Auch Hanhart (1964) argumentiert in die gleiche Richtung, indem er davon ausgeht, dass von Freizeit nur dort die Rede sein kann, „wo ihr Arbeit als eigener umgrenzter Bereich (eben Arbeitszeit) gegenüber steht […] Der Rahmen, innerhalb dessen die Freizeit Raum hat, wird einerseits begrenzt durch die Arbeit, andererseits durch den Bereich der maximalen psycho-physischen Ruhe (Schlaf)“ (Hanhart 1964, 32). Habermas (1958, 105ff.) stellt ebenfalls Freizeit und Arbeit gegenüber, jedoch ausgehend von der Kompensationsleistung der Freizeit für nicht ausreichend vorhandene Arbeitszufriedenheit. Arbeit hat also letztendlich auch hier eine determinierende Wirkung auf die frei zur Verfügung stehende Zeit. Die genuine Funktion von Freizeit ist in diesem arbeitsorientierten Modell in der Regeneration von Erwerbstätigkeit zu suchen und stellt im Besonderen die Zeit dar, die nicht mit Schlaf, Hygiene, Essen, Bürokratie etc. (vgl. Prahl 2002, 136) ausgefüllt ist.
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© 2011 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
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Harring, M. (2011). Freizeit. In: Das Potenzial der Freizeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93388-7_3
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