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Konflikt- und Friedensdynamiken

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Gewaltspiralen
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Zusammenfassung

Da Widersprüche zum sozialen Alltag gehören, stellt sich die Frage, was Konfliktsysteme gegenüber gleichsam normalen Sozialsystemen auszeichnet. Diesbezüglichen Ausführungen Luhmanns scheinen nicht eindeutig. Folglich läuft dieser Ansatz immer wieder Gefahr, in den subjektphilosophisch-humanistischen Deutungskontext hineinkopiert zu werden. Als differentia specifica gilt zunächst, dass Konfliktsysteme die komplexe soziale Wirklichkeit in einem sehr viel höheren Maße reduzieren, als dies bei gewöhnlichen mit einem Überschuss an Verweisungen ausgestatteten Sozialsystemen der Fall ist. Soziale Systeme sind durch soziale Kontingenz gekennzeichnet, durch das Einkalkulieren von Möglichkeiten, die über das hinausgehen, was realisiert werden kann. Dem ist nur gewachsen, wer sich auf permanente Enttäuschungen einstellen kann. Doppelt ist diese Kontingenz, weil jeder weiß, dass der begegnende Andere um dieselbe Schwierigkeit weiß. Gegenüber dieser systemtheoretischen Beschreibung interpretiert die subjektphilosophisch-humanistische Sprache das Faktum einer mit dem Sinnbezug gegebenen Üffnung für andere Möglichkeiten als ein Vermögen, als Lernfähigkeit, als Flexibilität, Pluralismus, Wertrelativismus und Toleranz. Wird das normale reibungslose Funktionieren gewöhnlich damit in Verbindung gebracht, dass Enttäuschungen verkraftet werden können und infolgedessen der soziale Friede erhalten bleibt, so sind gewaltsame Konflikte nur in den Termini von Defizit, Pathologie, Destruktivität, Entartung, Entzivilisierung zu begreifen. Der moralischen Aufwertung des Sozialen korrespondiert die Marginalisierung ethischer Fragestellungen, ein Tatbestand der nicht unwesentlich durch die Emanzipation einer empirisch arbeitenden wissenschaftlichen Soziologie von der Philosophie beeinflusst sein mag. Die Funktionsweise des Sozialen scheint mit dem moralisch Vorzuziehenden schon identisch, was bei Georg Simmel, der noch an der Nahtstelle von Philosophie und Soziologie arbeitet, zur Aufaddierung aller friedlichen und konfliktreichen Interaktionen zum vereinigenden Ganzen der „Vergesellschaftung“ führt. Diese Synonymität gilt es nach den Katastrophen des zwanzigsten Jahrhunderts, die nicht auf religiöse, sondern auf biologisch und ideologische und mithin auf soziologisch informierte Programme, zurückgehen, wieder aufzulösen.

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© 2011 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH

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Brücher, G. (2011). Konflikt- und Friedensdynamiken. In: Gewaltspiralen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93380-1_4

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-18251-3

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