Zusammenfassung
Um das Thema „Eskalation“ war es nach dem Ende des atomaren Patts merklich still geworden. Das hat sich inzwischen grundlegend gewandelt, nachdem nicht nur regionale Konflikte hinreichend Anschauungsmaterial liefern, sondern – weit bedeutsamer noch – alle Zeichen der Zeit auf einen Prozess der politischen Globalisierung hindeuten, der auf dem Wege der Konflikteskalation voranschreitet. Dieser Prozess wird wahrgenommen; aber dessen Einbettung in den dominanten Deutungsrahmen etablierter Konfliktlösungsmodelle wirkt immer zugleich als Entwarnung. Konflikte lassen im Lichte verursachender Faktoren betrachtet, den praxeologischen Zugriff sichtbar werden.Die am Konfliktmaterial zu testenden Hypothesen über auslösende Ereignisse und konfliktverschärfende Strukturen geben nicht nur Hinweise auf erfolgversprechende Konfliktbewältigungsstrategien. Sie sind vielmehr als Deutungshilfen selbst schon Konfliktlösungsmodi. Das kulminiert in einer mit dem Gegenstand befassten wissenschaftlichen Haltung, die schließlich den Konflikt selbst zu einer Konstruktion von Konfliktmodellen erklärt hat. Ob Eskalation als eigenständiges Thema überhaupt Beachtung findet, hängt mit theoretischen Vorentscheidungen zusammen, die einerseits von intellektuellen Moden gesteuert und insofern einem Paradigma gleichen, das alle Daten und Anamnesen unter das Diktat seiner ganz besonderen Perspektive zwingt. Andererseits können Vorentscheidungen auch als Generalisierungen oder Kondensierungen ganz bestimmter Beobachtungen gelten, die eine gewisse Zeit angemessen sein mochten, im Falle ihrer anachronistischen Geltung aber als problematisch empfunden werden: Die Interpretationen bestimmter Handlungen und Handlungsverkettungen als bloße Bausteine eines Ursachengeflechts, das eine auf die Praxis der Konfliktbewältigung bezogene Analyse zu Tage gefördert hat, tendiert zur Selbstbestätigung. Sie bezieht ihre Logik und Plausibilität aus dem prästabilierten höheren Ganzen einer zivilisatorischen Entwicklungsgesetzlichkeit, in der die Macht jener weltgesellschaftlichen Akteure ruht, denen zugetraut wird, die in der Konfliktanalyse aufscheinende Konfliktbewältigung aus- und durchzuführen.
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Brücher, G. (2011). Eskalation als Thema. In: Gewaltspiralen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93380-1_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-93380-1_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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