Zusammenfassung
Nobert Elias (1897–1990) setzte sich in seinen Schriften mit dem Prozess der Zivilisation und der Zähmung menschlicher Impulse auseinander. In einer seiner späten Schriften nahm er – in skeptischer Perspektive – eine Diagnose der Folgen der Individualisierung in entwickelten Gesellschaften vor. In seiner kleinen Schrift: „Über die Einsamkeit der Sterbenden“ (1982) beschrieb er die Menschen als „Monaden ohne Fenster“, als vereinzelte Subjekte, denen die ganze Welt als Außenwelt gegenübersteht und deren Innenwelt wie durch eine unsichtbare Mauer von dieser Außenwelt, also auch von anderen Menschen, getrennt sei (Elias 1982, S. 81). Elias deutete dieses Selbsterleben als charakteristisch für eine bestimmte Zivilisationsstufe und fasste den Menschen unserer Zeit unter den Begriff des homo clausus (1982, S. 81). Wenn in entwickelten Gesellschaften „Selbstkontrollen“ „derart in die heranwachsenden Menschen eingebaut werden, dass sie von den Betreff enden wie eine tatsächlich existierende Mauer erlebt werden, die ihre auf andere Menschen und Dinge gerichteten Triebe und Affekte einsperrt und sie so von ihnen abschneidet“ (Elias 1982, S. 86), stellt sich die Frage, wie realen Tendenzen zur Vereinsamung entgegen gewirkt werden kann. Das Leben eines vereinzelten, hermetisch von der Welt abgeschlossenen Wesens, wird als sinnlos erfahren. Elias versteht Sinn als soziale Kategorie. „Kon-stitutiv für das, was wir Sinn nennen, ist eine Vielheit von Menschen, die in dieser oder jener Weise voneinander abhängig sind und miteinander kommunizieren“ (Elias 1982, S. 83 f.). Elias fragt, was Menschen für andere Menschen sind und was sie füreinander tun. Nobert Elias beschreibt den Preis der Modernisierungs- und Individualisierungsprozesse. Sein Postulat, dass die Erfahrung von Sinn daran gebunden ist, dass Menschen sich ihrer Abhängigkeit voneinander bewusst werden und gezielt Begegnungen suchen und füreinander etwas tun, stellt unser Thema in einen übergeordneten philosophischen und gesellschaftlichen Kontext. Es wirft die Frage danach auf, was Menschen füreinander sein wollen und können.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Aebli, H. (1987/1997). Grundlagen des Lehrens. Eine Allgemeine Didaktik auf psychologischer Grundlage. Stuttgart: Klett
Asendorpf, J. (1996). Psychologie der Persönlichkeit. Grundlagen. Berlin, Heidelberg: Springer
Asendorpf, J. & Banse, R. (2000). Psychologie der Beziehung. Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Hans Huber
Bastians, F., Runde, B. (2002). Instrumente zur Messung sozialer Kompetenzen. In: Zeitschrif für Psychologie, 210 (4), S. 186–196
Bierhoff, H.-W. (2010). Psychologie prosozialen Verhaltens. Warum wir anderen helfen. Stuttgart: Kohlhammer
Caldarella, P., Merrell, K. W. (1997). Comon dimensions of social skills of children and adolescents: A taxonomy of positive behaviors. School Psychology Review 26, p. 264–278
Elias, N. (1982). Über die Einsamkeit der Sterbenden. Frankfurt/M: Suhrkamp
Gehlen, A. (2004). Der Mensch: Seine Natur und seine Stellung in der Welt. Wiebelsheim: AULA
Giesecke, H. (1996). Pädagogik als Beruf. Grundformen pädagogischen Handelns. Weinheim, München: Juventa (5. überarb. Auflage)
Giesecke, H. (2005). Lob des Zwischenhandels 2. Zur Handlungsrelevanz von Erziehungswissenschaft. In: Hoffmann, D., Gaus, D., Uhle, R. (Hrsg.): Pädagogische Theorien und pädagogische Praxis. Hamburg: Dr. Kovac, S. 97–105
Hinsch, R., Pfingsten, U. (2002). Gruppentraining sozialer Kompetenzen GSK. Grundlagen, Durchführung, Anwendungsbeispiele. Weinheim: Beltz PVU
Kanning, U. P. (2002). Soziale Kompetenz – Definition, Strukturen und Prozesse. In: Zeitschrift für Psychologie 210 (4), S. 154–163
Kanning, U. P. (2003). Diagnostik sozialer Kompetenzen. Göttingen, Bern, Toronto, Seattle: Hogrefe
Kant, I. (1803/1984). Über Pädagogik. Neuausgabe, herausgegeben von Hermann Holstein. Bochum: Kamp
Kiper, H., Mischke, W. (2004). Einführung in die Allgemeine Didaktik. Weinheim, Basel: Beltz
Kiper, H., Mischke, W. (2008). Selbstreguliertes Lernen, Kooperation, soziale Kompetenz. Stuttgart: Kohlhammer
Kiper, H., Mischke, W. (2009). Unterrichtsplanung. Weinheim, Basel: Beltz
Klafki, W. (1985). Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Weinheim, Basel: Beltz
Kreitz, R. (2008). Pädagogisches Handeln – eine analytische Theorie. Münster, New York, München, Berlin: Waxmann
Oser, F., Baeriswyl, F. (2001). Choreographies of Teaching: Bridging Instruction to Learning. In: V. Richardson (Ed.). Handbook of Research on Teaching. Fourth Edition. Washington: American Educational Research Association, pp. 1031–1065
Petermann, F. (2002). Klinische Kinderpsychologie. Das Konzept der sozialen Kompetenz. In: Zeitschrif für Psychologie 210 (4), S. 175–185
Petermann, F., Jugert, G., Rehder, A., Tänzer, U., Verbeek, D. (1999). Sozialtraining in der Schule. Weinheim: Beltz. PsychologieVerlagsUnion
Petermann, F., Petermann, U. (2003). Training mit sozial unsicheren Kindern. Weinheim, Basel: Beltz PVU (8. korrigierte und ergänzte Auflage)
Petermann, F., Petermann, U. (2005). Training mit aggressiven Kindern. Weinheim, Basel: Beltz PVU (11., vollständig überarbeitete Auflage)
Portmann, A. (1985). Biologie und Geist. Frankfurt/M: Suhrkamp
Pries, L. (2008). Die Transnationalisierung der sozialen Welt. Frankfurt/M: Suhrkamp
Prior, H. (1976). Soziales Lernen. Düsseldorf: Schwann
Roth, H. (1971). Pädagogische Anthropologie. Band II. Entwicklung und Erziehung. Hannover, Berlin, Darmstadt, Dortmund: Schroedel
Saarni, C. (2002): Die Entwicklung von emotionaler Kompetenz in Beziehungen. In: Salisch, M. von (Hrsg.): Emotionale Kompetenz entwickeln. Stuttgart: Kohlhammer, S. 3–30
Sader, M. (1994): Psychologie der Gruppe. Weinheim, München: Juventa (4. Auflage)
Salovey P & J. D. Mayer (1989/90). Emotional Intelligence. Imagination, Cognition and Personality. 9, 185–211
Schermer, F. J. (2001). Soziales Lernen. In: Rost, D. H. (Hrsg.). Handwörterbuch Pädagogische Psychologie. Weinheim: Beltz PVU, S. 663–668
Schumacher, R. (2009). Hirnforschung und schulisches Lernen. In: Hermann, U. (Hrsg.). Neurodidaktik. Weinheim, Basel: Beltz, S. 124–133
Seel, N. (2000). Psychologie des Lernens. München, Basel: Ernst Reinhardt
Semmer, N., Pfäfflin, M. (1978). Interaktionstraining. Ein handlungstheoretischer Ansatz zum Training sozialer Fertigkeiten. Weinheim: Beltz
Teutsch, G. M. (1978). Die Vermittlung sozialverantwortlicher Einstellung im Schulgeschehen. In: Mauermann, L., Weber, E. (Hrsg.): Der Erziehungsauftrag der Schule. Beiträge zur Theorie und Praxis moralischer Erziehung unter besonderer Berücksichtigung der Wertorientierung im Unterricht. Donauwörth: Auer, S. 137–163
Stern, E. (2009): Wie viel Hirn braucht die Schule? Chancen und Grenzen einer neuropsychologischen Lehr-Lern-Forschung. In: Hermann, U. (Hrsg.). Neurodidaktik. Weinheim, Basel: Beltz, S. 116–124
Thorndike, E. L. (1920). Intelligence and its use. Harper’s Magazin, 140, S. 227–235
Trudewind, C. (2006). Soziale und moralische Kompetenz. In: Bierhoff, H.-W., Frey, D. (Hrsg.). Handbuch der Sozialpsychologie und Kommunikationspsychologie. Göttingen, Bern, Wien, Toronto, Seattle, Oxford, Prag: Hogrefe, S. 515–522
Wahl, D. (1991): Handeln unter Druck. Der weite Weg vom Wissen zum Handeln bei Lehrern, Hochschullehrern und Erwachsenenbildnern. Weinheim: Deutscher Studienverlag
Wilken, B. (1998). Methoden der kognitiven Umstrukturierung. Stuttgart, Berlin, Köln: Kohlhammer
Wulf, Ch. (2001). Einführung in die Anthropologie der Erziehung. Weinheim, Basel: Beltz
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 2011 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
About this chapter
Cite this chapter
Kiper, H. (2011). Soziales Lernen, soziale Kompetenz, Sozialerziehung – Versuch einer begrifflichen Klärung. In: Limbourg, M., Steins, G. (eds) Sozialerziehung in der Schule. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93323-8_2
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-93323-8_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-17467-9
Online ISBN: 978-3-531-93323-8
eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)