Zusammenfassung
Max Weber ist unzweifelhaft einer der letzten, wenn nicht gar der letzte deutschsprachige Autor, der mit seinen politischen, ökonomischen und soziologischen einschließlich der rechtssoziologischen Schriften für sich noch beanspruchen kann, die seinerzeit schon organisatorisch zerfallene Einheit der Staatswissenschaft intellektuell zu repräsentieren. Diese Breite seines Schrifttums hat dazu beigetragen, dass eine Vielzahl von Wissenschaften, darunter vor allem auch die Organisationstheorie und die Verwaltungslehre, Weber für sich reklamierten. Dabei ist es aber auch zu zwei folgenreichen Fehlinterpretationen gekommen, denen Webers Bürokratietheorie ausgesetzt war: Die Vernachlässigung des universalgeschichtlichen und des herrschaftssoziologischen Anliegens (und damit zusammenhängend die normative Wendung des Bürokratie-Konzepts) sowie die Verkürzung der Merkmalsliste um eben jene Aspekte, die den historischen Bezug herstellen. In diesem Kontext trifft also das folgende Verdikt von François Chazel – leider – zu: „Die Ironie des Schicksals will es, dass gerade die „Klassiker“ zwar prinzipiell gut bekannt sind, in Wirklichkeit aber schlecht verstanden werden.“ (Chazel 2010). Abgesehen davon zeigt ein Blick auf die Alltagssprache, dass die Begriffe „Bürokratie“ und „Organisation“ nicht selten synonym verwendet werden (vgl. Albrow 1972).105 Diese Umstände deuten bereits darauf hin, dass es sich lohnt, Bürokratietheorie auch als Organisationstheorie aufzufassen. Zu diesem Zweck werden wir in diesem Kapitel zunächst die Bedeutung des Bürokratiekonzepts in der Organisationstheorie betrachten (5.1), ehe wir uns unter 5.2 speziell der Verkürzung des Weberschen Bürokratie-„Modells“ widmen. Im Abschnitt 5.3 möchten wir ‚freiwillige Organisationen' betrachten und fragen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dieser Art von Organisation einerseits und der Bürokratie andererseits bestehen. Abschnitt 5.4 befasst sich exkursartig mit der Frage, inwiefern die Mafia eine bürokratische Organisation darstellt. Damit möchten wir unterstreichen, dass sich das Phänomen der Organisation nicht auf die üblicherweise im Mittelpunkt organisationstheoretischer Untersuchungen stehenden Behörden und Unternehmen beschränkt.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Rights and permissions
Copyright information
© 2011 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
About this chapter
Cite this chapter
Derlien, HU., Böhme, D., Heindl, M. (2011). Bürokratietheorie als Organisationstheorie. In: Bürokratietheorie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93174-6_5
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-93174-6_5
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-17816-5
Online ISBN: 978-3-531-93174-6
eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)