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Empirische Auswertung

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Radikaler Antisemitismus
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Zusammenfassung

Das folgende Kapitel ist der Darstellung der empirischen Ergebnisse gewidmet. Auf das Darstellungsproblem der sequenzanalytischen Auswertung ist bereits im Methodenkapitel hingewiesen worden. Den dortigen Erörterungen folgend, wird die sequenzanalytische Interpretation der Texte ergebnisorientiert dargestellt. An einzelnen wichtigen Stellen werde ich den Interpretationsgang explizieren, um deutlich zu machen, welche Lesarten ausgeschlossen und wie die Fallstrukturhypothesen »herauspräpariert« wurden. Da mein Forschungsinteresse auf die Sinndimensionen des Antisemitismus zielt, werde ich die Fälle nicht linear diachron und chronologisch nach Zeitschriften geordnet darstellen und die zeitschrifteninternen Entwicklungen beschreiben, sondern die verschiedenen Spielarten des Antisemitismus herausgreifen und ihre Verknüpfungen mit und Unterscheidungen von anderen Weltanschauungen (Rassismus, Nationalismus) vorstellen.

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Notes

  1. 1.

    Ob seine Texte dem Konzept der Intellektualisierung genügen, ist stark zu bezweifeln. In der Partei aber hat er diesen Stellenwert. Der Begriff »Intellektueller« war bei seiner Entstehung negativ geprägt, er wurde im Zuge der Dreyfuß-Affäre »in denunziatorischer Absicht geprägt für Leute, die ›das Fehlen einer Verantwortlichkeit für praktische Dinge‹ auszeichnet und deren Erfolgsaussichten im ›tatsächlichen oder möglichen Wert als Störungsfaktor liegen‹ (Schumpeter 1950: 237)« (Vobruba 2007). Während sich der Begriff in seiner Entstehungsgeschichte als Eigenschaft einer Person entwickelte, veränderte er sich im Laufe der Zeit zur »Selbstbezeichnung von Personen mit gleichsam überschießendem Drang, Wissen, zu kommunizieren« (ders.), und die intellektuellen Wissensbestände wurden zum Gegenstand soziologischer Analysen (vgl. Mannheim 1986). »›Intellektuell‹ bezeichnet danach eine bestimmte Art von in Textform öffentlich kommuniziertem Interpretationswissen« (ders.).

  2. 2.

    In einem anderen Kontext, einem Kinder- oder Science-Fictionbuch etwa, könnte auch ein fiktives Subjekt, ein Pilz mit menschlichen Fähigkeiten angesprochen sein, im nichtfiktionalen Bereich bezieht sich jede Kombination mit dem Adjektiv geistig jedoch auf den kognitiven Bereich eines Menschen, so beispielsweise: geistige Behinderung, geistiger Baum, geistiger Heiler usw.

  3. 3.

    Es handelt sich hier um Hartmut Holz.

  4. 4.

    Hitzler und Pfadenhauer haben eine Variation sozialer Vergemeinschaftungen in modernen Gesellschaften als «posttraditionale Gemeinschaften» beschrieben, die Einzelne nicht auf Mitgliedschaften verpflichten, sondern über ihren Erlebnischarakter nur «verführen» können (Hitzler/Pfadenhauer 2009). Vobruba bezeichnet Gemeinschaftskonstruktionen, die auf Interessensbeziehungen basieren, als «Gemeinschaften ohne Moral» (Vobruba 1994).

  5. 5.

    Das Wort »rassistisch« verwende ich anstelle von »rassisch«, da jede Bestimmung, die nicht-existierende »Rassen« als real einführt, als rassistisch bezeichnet werden kann. Das Konzept »Rasse« umfasst dabei immer biologische wie kulturelle Zuschreibungen, die miteinander vermengt werden.

  6. 6.

    Die Lesart, dass es sich dabei um einen «doppelten Boden« mit der Absicht des Verbergens, wie beispielsweise beim zweiten Boden eines Koffers, handelt, ist anhand der nachfolgenden Sätze ausgeschlossen worden.

  7. 7.

    Die zu Beginn des Artikels verwendete experimentell-naturwissenschaftliche Semantik (Züchtung, Nährboden) wird hier wiederholt.

  8. 8.

    Die zweistufige Struktur »(Volks-)Gemeinschaft/(Volks-)Gemeinschaft vs. jüdische Gesellschaft« wird anhand des Falles »Heute tolerant, morgen fremd im eigenen Land«, der zur Darlegung der Differenzierung und Verknüpfung des Antisemitismus dient, noch einmal ausgeführt.

  9. 9.

    Das Orienthaus war von 1983 bis 2001 das Hauptquartier der PLO in Ostjerusalem.

  10. 10.

    Das bedeutet, dass beide Gruppen (wir/sie) der gleichen Oberkategorie zugeordnet werden, einer völkisch bestimmten Gruppe, die zwar über lange Strecken des Textes abwechselnd kulturell, religiöse und national bestimmt ist, am Ende aber doch wieder völkisch. Ein asymmetrisches Gegensatzpaar im Koselleckschen Sinne wäre die Unterscheidung Mensch/Unmensch oder, bezogen auf diesen Text, Volk/Nicht-Volk.

  11. 11.

    Das bedeutet die Ausweisung aller in der Bundesrepublik lebenden Menschen mit Migrationshintergrund, ob mit deutschem Pass oder ohne, also aller von der NPD als »Ausländer« verstandenen Menschen.

  12. 12.

    Zur Typologie und Diskussion der Begriffe »Staatsnation«, »Kulturnation« und »ethnische« oder »Volksnation« vgl. auch Minkenberg 1998, zur Begriffsgeschichte von »Volk«.

  13. 13.

    In anderen Artikel, so beispielsweise zur Wahl Barack Obamas im Jahr 2008 wird klar, dass Gansel sich mit den Begriffen Volk und kulturelle Identität nicht auf die Vorstellung einer Kultur- oder Staatsnation, sondern auf eine mal ethnische mal rassische Volksnation bezieht: »Schon das weiße Amerika war eine kulturelle Zumutung für die Welt und zwang freien Völkern mit Waffengewalt ihr multirassisches und damit rassenvernichtendes Gesellschaftsmodell auf; ein nicht-weißes Amerika ist jedoch eine Kriegserklärung an alle Menschen, die eine organisch gewachsene Gemeinschaftsordnung aus Sprache und Kultur, Geschichte und Abstammung für die Essenz des Menschlichen halten. Barack Obama verbirgt diese Kriegserklärung nur hinter seinem penetranten Sonnenschein-Lächeln« (Gansel 2008).

  14. 14.

    Relativ neu ist die Beobachtung, dass es bezüglich der außenpolitischen Solidarität mit Muslimen und dem innenpolitischen Anti-Islamisierungsdiskurs innerhalb der organisierten Rechten zwei Lager gibt, nämlich eines, das diese Differenz aufrechterhält und eine verstärkte außenpolitische Solidarität und Kooperation mit Muslimen fordert, und eines, bei dem die außenpolitische Dimension wegfällt. Letztere Position findet sich in der Zeitung »Junge Freiheit«, während die erstgenannte Position in der »Deutschen Stimme« und innerhalb der NPD verbreitet ist, am dominantesten jedoch in der Kameradschaftsszene. Die Diskussion entzündete sich im September 2008 insbesondere im Rahmen der Vorbereitungen des AntiIslamisierungskongresses der Initiative Pro-Köln, der sich u. a. gegen den Bau einer geplanten Großmoschee in Köln richtete, aber bereits vorher war es im Hamburger Landesverband der NPD und der Hamburger Kameradschaftsszene im Vorfeld einer geplanten Demonstration gegen den Bau einer Moschee in HamburgBergedorf zu Kontroversen gekommen (vgl. zur Thematik: Landesamt für Verfassungsschutz, Hamburg 2008 sowie Weiß 2007 und 2008).

  15. 15.

    Die Begriffe »Rassismus ohne Rassen« (Balibar 1998, Hall 1989, Çağlar 2002), »Neo-Rassismus« (Balibar 1998), »differentialistischer Rassismus« (Taguieff 1998) oder »kulturalistischer Rassismus« (Fredrickson 2004) wurden aber nicht durch den neu-rechten Diskurs geprägt und beziehen sich auf Naturalisierungen und Essentialisierungen mit Hilfe des Begriffes der Kultur. Auch Adorno hat auf diese Konstruktion bereits hingewiesen: »Das vornehme Wort Kultur tritt anstelle des verpönten Ausdrucks Rasse, bleibt aber ein bloßes Deckbild für den brutalen Herrschaftsanspruch« (Adorno 1998j: 277 ). Das heißt aber nicht, dass der »alte« biologische Rassismus nicht bereits auch kulturalistisch ist (vgl. Taguieff 2000).

  16. 16.

    Ethnopluralismus kann als eine Form des Rassismus gefasst werden, der von der Struktur her dem biologischen Rassismus gleicht, nur nimmt er keine Bewertung der eingeteilten »Rassen« vor.

  17. 17.

    Trotzdem finden sich auch pro-israelische Argumentationen in der »Jungen Freiheit«. Dies geschieht zumeist mit der Konstruktion Israels als »starker Staat«, der als solcher insbesondere militärisch geachtet und als Teil des Abendlandes »dem Islam« gegenübergestellt wird.

  18. 18.

    Wie die Differenz zwischen »Hitlerfaschismus« und »faschistischen Organisationen« heute gezogen wird, wird nicht explizit gemacht. Wird Faschismus mit dem Dimitroffschen Ansatz interpretiert, so könnte der »Hitlerfaschismus« als »terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals« (Dimitroff 1957 [1935]: 87) betrachtet werden und die heutigen »faschistischen Organisationen«, u. a. der Zionismus, der bereits als »reaktionär« und zudem als ein Element des »US-Imperialismus« ausgewiesen wird, als ein bisschen weniger reaktionär.

  19. 19.

    Im Text wird zu Beginn folgendermaßen darauf referiert: »Ein Mitglied des Vorstandes der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und DKP-Mitglied erachtet es als Selbstverständlichkeit eines jeden deutschen Antifaschisten, ein klares Bekenntnis »zum jüdischen Staat, als Staat der Holocaust-Überlebenden« abzulegen. Das ist eine in mehrerlei Hinsicht der Katastrophe im Nahen Osten würdige Position.« (Z.7-12)

  20. 20.

    »Ich denk an Palästina und an die Repression. Da kämpfen Sie mit Steinen, gegen scharfe Munition. Zionisten zetteln jeden Tag dieselbe Scheiße an. Doch Palästina Dein Volk wird siegen irgendwann« (www.golyr.de/yok-quetschenpaua/songtexttuwas-671777.html, zuletzt: 2.03.2013) lautet das im anti-imperialistischen Szenespektrum einschlägig bekannte Lied des Liedermachers »Quetschenpaua«.

  21. 21.

    »[…] Eure Sehnsucht war, wie die anderen Völker zu werden die euch mordeten. Nun seid ihr geworden wie sie. Ihr habt überlebt die zu euch grausam waren. Lebt ihre Grausamkeit in euch jetzt weiter? […]« (www.deutschelyrik.de/index.php/hoereisrael.html, zuletzt: 7.03.2;13, Zeichensetzung im Original).

  22. 22.

    So beispielsweise »Wo immer die Palästinenser flohen, kam Israel nach und brachte Zerstörung und Armut ins Land. Daher stammt der Hass der Palästinenser und der Mehrheit der Araber auf der Insel. « (Schah 2000).

  23. 23.

    Siehe die Rekonstruktion »Höre Israel! « – »Höre Europa!« aus dem Attac Newsletter »Sand im Getriebe« in dieser Arbeit (Kap. 6.2.5.2).

  24. 24.

    Anti-imperialistische Argumentationen treten in zwei Ausrichtungen auf, einmal in der Konstruktion des Feindbildes anhand der Differenzierung »produktives/spekulatives Kapital«, wobei dem imperialistischen Feind die Sphäre des »Finanzkapitals« oder »Großkapitals« zugeordnet wird – so beispielsweise in diesem Sample in der »Roten Fahne«. Eine weitere Ausrichtung nimmt nicht die Spaltung des Kapitals in eine konkrete und eine abstrakte Sphäre vor, bezieht sich aber ähnlich wie die erste Variante affirmativ auf den Volksgegriff, den sie ethnisch und klassenlos als revolutionäres Subjekt bestimmt. Demgegenübergestellt wird nicht das abstrakte Kapital, sondern die nicht als »Volk« verstandenen »imperialistischen« und »zionistischen« Metropolen.

  25. 25.

    Damit sind Argumentationen gemeint, die Handlungsträger und Kollektive nicht differenzieren gemäß ihrer stratifikatorischen, segmentären und funktionalen Zugehörigkeiten und den konstruierten Kollektiven als Kollektive Eigenschaften zuschreiben von welchen sie Handlungen ableiten. Kritische Betrachtungen würden im Gegensatz dazu Handlungsträger differenzieren sowie den Einfluss von (Mehrfach-)Zugehörigkeiten und systemtischen Einbettungen auf Handlungen reflektieren.

  26. 26.

    Vgl. Srubar, Ilja (1997): Ist die Lebenswelt ein harmloser Ort? Zur Genese und Bedeutung des Lebensweltbegriffs, in: Wicke, Michael (Hg.) (1997): Konfiguration lebensweltlicher Strukturphänomene. Soziologische Varianten phänomenologischhermeneutischer Welterschließlung, Opladen: Leske+Budrich, S. 43–59.

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© 2013 Springer Fachmedien Wiesbaden

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Globisch, C. (2013). Empirische Auswertung. In: Radikaler Antisemitismus. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93156-2_6

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