Zusammenfassung
Wenn sich die Gesellschaft die Diagnose stellt, dass sie „oversexed“ und deswegen „underfucked“ ist, dann vermischt sie Altes mit Neuem. Die Hypersexualisierung wurde bereits in dem Szenario der Achtzigerjahre gedeutet und ist unbestritten. Dass es jedoch einen monokausalen Zusammenhang mit der zunehmenden Leere in den Betten von Männern und Frauen gibt, greift wesentlich zu kurz und trifft den Kern der Angelegenheit nicht. In dieser Diagnose ist „underfucked“ synonym mit Unlust und vermischt das alte Verständnis von Sexualität mit dem neuen. Wir haben es mit einem Begriffsumbau und Bedeutungswandel der Sexualität zu tun, der weit fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen ist. Dieser Umbau hatte und hat Folgen für sexuelle Skripte. Die Feminisierung der Sexualität hat dazu geführt, dass sukzessive alle sexuellen Praktiken, die ehemals den Männern als lustbringend zugeschrieben wurden, als minderwertig und inzwischen auch sinnentleert gedeutet werden. Außerdem sind alle Sexualmethoden, bei denen Körpersäfte ausgetauscht werden – und das ist eine Folge von Aids – stark in den Hintergrund verschoben worden. Die Individualisierungsideologie überführt die Sexualität zusätzlich in einen permanenten Entwicklungs- und Darstellungszwang, auch in Fragen der sexuellen Identität.
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Osswald-Rinner, I. (2011). Wandel der Sexualität: Der König ist tot, es lebe die Königin. In: Oversexed and underfucked. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92865-4_6
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-18185-1
Online ISBN: 978-3-531-92865-4
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