Zusammenfassung
„Der deutsche Film kann gar nicht besser sein“, stellte Joe Hembus 1961 zynischim Hinblick auf die westdeutsche Filmproduktion fest und lieferte damit den jungen Filmemachern, die später als Vertreter des weltbekannten „Neuen Deutschen Films“ in die Filmgeschichte eingehen sollten, eine zentra le Parole. Auchwenn einige der ‚jungen‘ deutschen Filmemacher dieser Generation nochaktiv im Geschäft sind, ist der „Neue Deutsche Film“ heute selbst zu ‚Papas Kino‘ geworden. Weitere lautstark ausgetragene Generationswechsel blieben jedochaus, Manifeste – wie das von Oberhausen aus dem Jahr 1962 – hat es in den vergangenen dreißig Jahren in Deutschland keine gegeben und beobach- tet man die publizistischen Debatt en über die Zukunft des deutschen Films, scheint sichseit damals nur wenig verändert zu haben. Erst im Februar 2007 diskutierten der Regisseur Volker Schlöndorff, einer der Veteranen des „Neuen Deutschen Films“ und Günter Rohrbach, Präsident der Deutschen Filmakademie und einer der wichtigsten Förderer jener ‚jungen‘ Filmemacher der 1970er Jahre in der Süddeutschen Zeitung über das deutsche Kino der Zukunft (vgl. Schlöndorff2007; Rohrbach2007). In seinem Artikel propagiert Schlöndorffdie Unabhängigkeit des Spielfilms von Fernsehprodu zenten, die es mit ihrer Forderung, ein Spielfilm müsse in Form eines Mehrteilers im Fernsehen auswertbar sein, erschweren würden, sichauf die „Natur des Spielfilms“ zu konzentrieren, „eine Geschichte so knapp und mit so wenig Mitt eln wie möglichzu erzählen.“ (Schlöndorff2007) Er sieht die Gefahr, dass durchdie „unheilige Allianz“ (ebd.) von Fernsehgroßproduzenten und Filmproduzenten, die es vor allem auf Fördertöpfe und Lizenzerlöse abgesehen hätt en, der deutsche Film auf der Streck e bleiben würde. Rohrbachhältdagegen, dass eine Beteiligung des Fernsehens den Filmemachern nur zugute käme, das Fernsehen mitt lerweile einen Grad der Aufmerksamkeit erlangt hätt e, die dem Kino zumindest ebenbürtig sei, und stelltschließlichfest: „Wenn der deutsche Kinofilm überleben will, muss er sichder Wahrheit beugen, dass die große Zeit des Kinos offensichtlichvorbei ist.“ (Rohrbach2007) In dieser Auseinandersetzung scheint also die alte Diskussion wieder auf, in der unabhängiges, künstlerisches Filmschaffen der Forderung nachkommerzieller Vermarktbarkeit gegenübergestelltwird. Aus dem Blick gerät dabei, dass die Verflechtungen im Produktionsgeschäft sowie der Zusammenhang von Filmkunst und populärem Kino in einer solchen dualistischen Sichtweise kaum zu verstehen sind.
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Literatur
Ebbrecht, Tobias (2010) Bilder hinter den Worten. Über Romuald Karmakar. Berlin: Verbrecher.
Gansera, Rainer (1999) Zeit des Aufb ruchs. Tendenzen im deutschen Kino 1998/1999. In: epd Film, H. 3, S. 26–31.
Hembus, Joe (1961) Der deutsche Film kann gar nicht besser sein. Bremen: Schünemann.
Knoben, Martina (1997) Ohne Standpunkt. Zum deutschen Film der neunziger Jahre. In: epd Film, H. 9, S. 21–23.
Rohrbach, Günter (2007) Das Kino bleibt ein Traum. In: Süddeutsche Zeitung v. 19.07.2007.
Schlöndorff, Volker (2007) Vorhang auf, Vorhang runter. In: Süddeutsche Zeitung v. 12.07.2007.
Seeßlen, Georg/Jung, Fernand (1997) Das Kino der Autoren ist tot. Glauben wir an ein neues ? Eine Polemik zum deutschen Film. In: epd Film, H. 9, S. 18–21.
Töteberg, Michael (Hg.) (1999) Szenenwechsel. Momentaufnahmen des jungen deutschen Films. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
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Ebbrecht, T., Schick, T. (2011). Perspektiven des deutschen Gegenwartskinos. In: Schick, T., Ebbrecht, T. (eds) Kino in Bewegung. Film, Fernsehen, Medienkultur. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92804-3_2
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