Zusammenfassung
Hätte man Public Health-Studierenden vor 20 Jahren, ja sogar noch vor 10 Jahren die Aufgabe gestellt, einen Bericht zur Gesundheit von Frauen und Männern zu erstellen oder auch nur zu einem beliebigen Themenbereich mit gesundheitswissenschaftlichem Handlungsbedarf Daten für beide Geschlechter getrennt aufzubereiten, diese Studierenden hätten einen mühevollen Weg vor sich gehabt. Zwar liegt seit etwas mehr als 10 Jahren der erste Gesundheitsbericht für Deutschland vor (Statistisches Bundesamt 1998), in diesem Bericht finden sich aber nur wenige Daten, die sich für einen Geschlechtervergleich hätten heranziehen lassen. Der Gesundheitsbericht für Deutschland war seinerzeit ein Meilenstein, weil zu wichtigen gesundheits- und versorgungspolitisch relevanten Themen Indikatoren bereitgestellt wurden, die auch erläuternd aufbereitet waren. Dennoch: Aus Kreisen der Frauengesundheitsforschung wurde Kritik an der genderinsensiblen Gesundheitsberichterstattung formuliert und es wurden Initiativen gestartet, dieses Manko zu beheben. Unterstützung fanden diese deutschen Initiativen um Prof. Ulrike Maschewsky-Schneider durch eine breite, von der WHO initiierte Diskussion („Women's health counts“), die darauf aufmerksam machte, dass das Geschlecht Gesundheit und Krankheit, gesundheitsrelevantes Verhalten und den Zugang zum Versorgungssystem maßgeblich beeinflusst. Um einen Beitrag zur, so damals noch formuliert, gesundheitlichen Benachteiligung von Frauen zu leisten, müssten Forschungsstrategien für den Bereich der Gesundheit von Frauen entworfen werden (Helfferich & von Troschke 1994). Die Initiativen waren erfolgreich und mündeten in die Erstellung eines Frauengesundheitsberichtes (BMFSFJ 2001). Dieses Projekt wurde interessanterweise nicht vom Bundesgesundheitsministerium, sondern vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegeben – ein Hinweis darauf, dass es seinerzeit (noch) nicht gelungen war, das Anliegen einer geschlechtersensiblen Gesundheitsberichterstattung in den Mainstream der Gesundheitspolitik einzuspeisen. Geschlechterbezogene Gesundheitsforschung wurde zu jener Zeit noch wahrgenommen als ein „Steckenpferd“ von einigen feministischen Forscherinnen und Praktikerinnen, das abseits der eigentlichen Gesundheitsversorgung geritten werden konnte und mit den zentralen, „hauptsächlichen“ Fragen der gesundheitlichen Versorgung und der Gesundheitssystemgestaltung nichts zu tun hatte.
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Kolip, P. (2011). Wege zu einer geschlechtersensiblen Gesundheitsberichterstattung. In: Schott, T., Hornberg, C. (eds) Die Gesellschaft und ihre Gesundheit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92790-9_28
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