Zusammenfassung
Ausgangspunkt meiner Überlegungen1 zum Verhältnis von reflexiver Beratung und Interessenvertretung ist eine typische Erfahrung von Bildungs- und Beratungsanbietern: Reflexive Zugänge sind im Umfeld der Gewerkschaften – im Vergleich zu Fachberatung und klassischen Bildungsangeboten – nur schwer zu vermitteln. Die Reaktionen reichen von unverbindlichem Interesse bis zu offener Skepsis, gelegentlich werden solche Angebote ausprobiert, aber selten konsequent weitergeführt. Das ist erstaunlich, weil Betriebsräte wie Gewerkschaften unter hohem Arbeits- und Problemdruck stehen und damit ein erheblicher Beratungsbedarf zu erkennen ist. Die Komplexität und Vielfalt ihrer Aufgaben nimmt weiter zu und ihr ganzes Arbeitsfeld befindet sich in einem massiven Umbruch. Zudem ist in diesem politisch informierten Kreis prinzipiell eine Offenheit für problemorientierte und basisnahe Arbeitsformen zu erwarten. Trotzdem können solche Zugangsschwierigkeiten nicht wirklich überraschen, wenn man bedenkt, dass reflexive Bildungs- und Beratungsformen nicht im Mainstream gewerkschaftlicher Interessenvertretung stehen, da diese wesentlich auf die strategische Bündelung der Kräfte der Arbeitnehmerseite als Gegenmacht zum „Kapital“ ausgerichtet ist.
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Pongratz, H. (2011). Reflexive Beratung und gewerkschaftliche Interessenvertretung – Hindernisse und Chancen. In: Tietel, E., Kunkel, R. (eds) Reflexiv-strategische Beratung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92788-6_3
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