Zusammenfassung
Ein zweifaches Erklärungsproblem beschäftigt Weber in seinen religionssoziologischen Studien: Zum einen die Erklärung der Wirkung, die religiöse Ideen auf die Interessen der Akteure ausüben, zum anderen die Erklärung der Wirkung materieller Interessenlagen auf die Glaubensinhalte und Ideen religiöser Akteure. In der „Vorbemerkung“ zu den Studien über die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ spricht er auch von zwei „Seiten“ der „Kausalbeziehungen“. Dabei steht die Protestantismusstudie für die eine Seite der Kausalbeziehung, während die „späteren Aufsätze“ über den Konfuzianismus, Hinduismus, Buddhismus und das antike Judentum „versuchen, in einem Überblick über die Beziehungen der wichtigsten Kulturreligionen zur Wirtschaft und sozialen Schichtung ihrer Umwelt, beiden Kausalbeziehungen […] nachzugehen“ (Weber 1988: 12). Die Rede von zwei Seiten der Kausalbeziehung macht deutlich, dass es Weber um eine Wechselwirkung von Ideen und Interessen geht. Doch diese Konstruktion ist mit einer grundsätzlichen Schwierigkeit behaftet. Versteht man darunter eine synchrone Kraftwechselwirkung, so ist gemäß einer günstigen Interpretation ein Einpendeln des gegebenen sozialen Gebildes irgendwo „in der Mitte“ des Kräftefeldes zu erwarten; in einer weniger günstigen Interpretation ist das Argument einfach zirkulär. Selbst wenn man von einer günstigen Interpretation ausgeht, führt die synchrone Wechselwirkung zu einem Durchschnitts resultat. Doch in Webers Analysen findet man keine Spur von „Durchschnitts“-Erklärungen und „Durchschnitts“-Denken. Nicht nur in der Protestantismusstudie, die gezielt nur die eine Seite der Kausalbeziehung verfolgt, sondern auch in den übrigen „Aufsätzen“ findet man sauber herauspräparierte ideelle Wirkungszusammenhänge, deren herausragendste Eigenschaft in der Brechung materieller Interessen besteht. Umgekehrt liefern Webers Analysen genügend viele Beispiele von durchschlagenden Wirkungen materieller und ideeller Interessen auf die ideellen Konstruktionen, die den Bedürfnissen der Gläubigen radikal angepasst werden.
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Literatur
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Stachura, M. (2011). Ideen und Interessen. Die Seitenwechselproblematik am Beispiel der Hinduismus- und Judentum-Studie von Max Weber. In: Bienfait, A. (eds) Religionen verstehen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92777-0_2
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