Zusammenfassung
Das Konstrukt Resilienz ist in theoretisch er wie methodisch er Hinsich t noch mit off enen Fragen behaft et. Daher steht das Vorhaben, hier die Anwendbarkeit für das sozialpädagogisch e Arbeitsfeld Jugenddelinquenz zu diskutieren, noch auf unsich erer und vorläufiger Basis. Das Resilienzkonzept wird bislang vor allem für Fragen der Prävention von Jugenddelinquenz diskutiert, äußerst selten jedoch , wenn es darum geht, Interventionen bei bereits delinquent auff ällig gewordenen Jugendlich en zu planen. Der dominierende Fokus auf Risiko- und Sch utzfaktoren sowie die daraus abgeleiteten Prognosen führen leich t zu einem reduzierten Blick auf den vielsch ich tigen Entstehungsprozess von Kriminalität und die ursäch lich en sozialen Strukturen. Selbst beim Vorliegen erhöhter Risiken ist in jedem Fall noch eine Vielfalt an Entwick lungswegen möglich , so dass man von der prinzipiellen Änderbarkeit von Lebensverläufen ausgehen sollte. Versch iedene Längssch nittstudien zeigen, dass ein quantitativ bedeutender Teil der als „Hoch risiko-Kinder“ diagnostizierten Kinder später nich t gravierend auff ällig wird oder sozial abweich endes Verhalten rasch wieder aufgibt. Der Anteil der beim Vorliegen entsprech ender Belastungsfaktoren vorsch nell als gefährdet eingestuft en Fälle („falsch Positive“) ist relativ groß. Umgekehrt kann auch ohne Vorbelastung ein Risiko der Verurteilung aufgrund strafrech tlich relevanter Handlungen bestehen (zusammenfassend: Lösel/Bliesner 2003; Beelmann/Raabe 2007; Greve/ Hosser 2008; Walter 2005). Für die Prävention ergibt sich somit das Problem, dass aufgrund der prinzipiellen Off enheit von Entwick lungsverläufen prognostisch lediglich erhöhte Wahrsch einlich keiten festgestellt werden können. Für eine individuelle Prognose und Interventionspraxis eignen sich die Befunde über Risiko- und Sch utzfaktoren kaum. Gerade auch Individualprognosen für straffällige Jugendlich e sind, selbst wenn sie entlang von Merkmalslisten das Risiko erneuter Straff älligkeit einzusch ätzen versuch en, hinsich tlich ihrer Zuverlässigkeit problematisch (vgl. auch Hußmann 2010: 348).
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Silkenbeumer, M. (2011). Resilienz aufspüren – Biografiearbeit mit delinquenten Jugendlichen. In: Zander, M. (eds) Handbuch Resilienzförderung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92775-6_28
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