Zusammenfassung
Einer der vielen Widersprüche, die die Gesellschaft hervor treibt, betrifft die Spannung zwischen dem Individuum und der Soziologie: Die Attribute der Freiheit und sozialen Unabhängigkeit, mit denen die moderne Gesellschaft das moderne Individuum behängt, werden von der modernen Soziologie aufgelöst. Seit der frühen Neuzeit wird die Semantik des Individuums benutzt, um den Einzelmenschen gegenüber den sozialen Zusammenhängen zu verselbständigen, denen er doch nach wie vor zugehört. Die Soziologie, die sich in vielen ihrer Spielarten vor allem für die aggregierten Effekte dieser Zugehörigkeit interessiert, hat eben darum erhebliche Schwierigkeiten, jene Verselbständigung zu begreifen. Die Einsicht in die soziale Determination auch des individuell zugerechneten Verhaltens expandiert zusammen mit der Soziologie, und ein Bereich des vorgeblich freien Handelns nach dem anderen fällt ihr zum Opfer – vom Kulturkonsum bis zur Partnerwahl und von den Erfolgen oder Misserfolgen in Schule und Berufsleben bis zu den politischen Affinitäten.
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Literatur
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Kieserling, A. (2010). Das Individuum und die Soziologie. In: Berger, P., Hitzler, R. (eds) Individualisierungen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92589-9_17
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Online ISBN: 978-3-531-92589-9
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