Zusammenfassung
Die Praxis irregulärer Beschäftigungsverhältnisse von Migrantinnen in Pflegehaushalten wird unter Verwendung theoretischer Annahmen aus Rechtssoziologie, Sozialwissenschaften, Arbeitsmarkttheorie und Gender-Theorien erklärt. Ein weiter Begriff der sozialen Sicherung ermöglicht es, irreguläre Beschäftigungsverhältnisse als Ausdruck ungedeckter sozialer Sicherungsbedarfe der Beteiligten (Pflegebedürftige, pflegende Angehörige, beschäftigte Migrantinnen) zu bewerten, welche durch Kollusion ihre widersprüchlichen Interessen ‚in der Grauzone des Rechts‘ verfolgen. Die institutionellen Rahmenbedingungen des Teilarbeitsmarktes haushaltsnaher Dienstleistungen im Sozial- und Steuerrecht sind aus arbeitsmarkttheoretischer Perspektive (Insider/Outsider-Theorien) ein Beitrag zur Abwertung und Marginalisierung von care-Tätigkeiten; im Zusammenwirken mit EU-Übergangsrecht und Ausländerrecht wird der Arbeitsmarkt abgeschottet. Die rechtssoziologische Sanktionsforschung erklärt, warum Rechtsverstöße nicht effizient sanktioniert werden. Die dominante öffentliche Politik tabuisiert die Überlastung pflegender Angehöriger sowie die Entrechtung der Beschäftigten und ‚privatisiert‘ soziale Sicherungsbedarfe, so dass Geschlechterhierarchien und soziale Ungleichheiten transnational verlängert werden.
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Scheiwe, K. (2010). Die soziale Absicherung häuslicher Pflege über Grenzen hinweg – Rechtliche Grauzonen, (Ir-)Regularität und Legitimität. In: Scheiwe, K., Krawietz, J. (eds) Transnationale Sorgearbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92516-5_6
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