Zusammenfassung
Sterbende Wälder und versiegende Ölvorräte erzeugen nur dann gesellschaftliche Resonanz, so Luhmanns berühmt provokative Feststellung, wenn darüber kommuniziert wird (Luhmann 1986: 63). Damit wird, im Kontext von Luhmanns Kommunikationstheorie, die Differenz zwischen „purer Faktizität“ und deren jeweils (funktionssystem-)spezifischen Prozessierungen aufgemacht. Dafür spielt der Begriff der „Resonanz“ eine zentrale Rolle. Der Thematik des vorliegenden Bandes entsprechend soll das Verhältnis der Wissenschaft zur Gesellschaft als eines der wechselseitigen Irritationen bzw. der Resonanz zwischen Teilsystemen beschrieben werden. Die differenzierungstheoretische Perspektive ist deshalb theoretisch ergiebig, weil sie vor der modischen Versuchung bewahrt, komplex erscheinende Wechselverhältnisse als „Verschmelzung“ von Systemgrenzen und als Entdifferenzierungsprozesse zu sehen. Luhmann bezieht sich zur Erläuterung des Begriffs der Resonanz auf die Physik. In seiner alltäglichen Bedeutung meint Resonanz: Echo, Mitschwingen, Mittönen, Nachhall, Nachklang. In der Physik beschreibt der Begriff das Phänomen der Anregung eines schwingungsfähigen Systems mit seiner Eigenfrequenz durch Energiezufuhr von außen, wobei entscheidend die Phasenverschiebung ist. Im Extremfall kann es zu Resonanzkatastrophen kommen, wie z. B. zum Einsturz einer Hängebrücke (konkret der Tacoma Narrows Bridge 1940) bei sich aufschaukelnden Schwingungen aufgrund von starkem Wind. In der Akustik beschreibt Resonanz die Tonerzeugung z. B. bei Blas-oder Saiteninstrumenten durch von außen erzeugte Bewegung und darauf folgende Schwingungen.
Für mehrere kritische Lesungen und disziplinierende Kommentare danke ich Martina Franzen und Simone Rödder. Dennoch bleibt die Verantwortung für den Text und etwaige Fehler meine eigene. Wenige Passagen dieses Texts sind entnommen aus Weingart 2009.
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Weingart, P. (2010). Resonanz der Wissenschaft der Gesellschaft. In: Büscher, C., Japp, K.P. (eds) Ökologische Aufklärung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92425-0_6
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