Zusammenfassung
Wenn in der Geschichte der Wissenschaften nach frühen Quellen einer Formulierung von Problemstellungen gefragt wird, die später Gegenstand wissenschaftlicher Erkenntnisbemühungen waren, wird man häufig auf Aristoteles (384-322 v. Chr.) verwiesen. Die Frage ist, ob wir auch in bezug auf die Anfänge eines Entwicklungsdenkens in psychologischen Kontexten bei Aristoteles fündig werden. In der Schrift, die explizit die aristotelische Seelenlehre enthält, in ‚Peri psychēs’ (Über die Seele), ist von der Seele als Substanz, als Entelechie, als Gesamtheit von Vermögen usw. die Rede (Aristoteles, 1995 c); genetische Fragen aber werden eigentlich nicht aufgeworfen, auch dann nicht, wenn von den qualitativ unterschiedlichen Beschaffenheiten der psychischen Vermögen bei Pflanze, Tier und Mensch die Rede ist. Textpassagen, in denen Ansätze eines Entwicklungsdenkens in bezug auf den menschlichen Lebenslauf erkennbar sind, findet man in einer Schrift, die nicht unmittelbar von der Seele handelt, nämlich in der ‚Nikomachischen Ethik’. Aristoteles zählt zu den Tugenden, die Voraussetzungen für ein glückseliges Leben sind, u. a. die Freundschaft. Die verschiedenen Formen von Freundschaft klassifiziert er nach altersspezifischen Kriterien: „Den Jünglingen erwächst aus der Freundschaft Bewahrung vor Fehltritten, den Greisen die wünschenswerte Pflege und Ersatz für das, was ihre Schwäche selbst nicht vermag, dem starken Mann Förderung zu jeder guten Tat“ (Aristoteles, 1995 a, Nr. 1155 a).
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Eckardt, G. (2010). Kind und Entwicklung in der Antike und im Mittelalter. In: Kernprobleme in der Geschichte der Psychologie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92423-6_9
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