Zusammenfassung
In den 1990er Jahren sind alle sozialdemokratischen Parteien und sozialdemokratisch geführte Regierungen mit ähnlichen Problemstrukturen konfrontiert, die sich einerseits aus ökonomischen Anpassungszwängen und andererseits aus veränderten sozio-kulturellen Werteorientierungen ergeben, und die folglich ähnliche sozialdemokratische Problemlösungsdiskurse nahezulegen scheinen. Doch ebenso wie ein paralleler Problemdruck auf der Policy-Ebene allenfalls zu einer Angleichung der Reformrichtung, aber – aufgrund höchst unterschiedlicher politisch-institutioneller, politisch-ökonomischer und wohlfahrtsstaatlicher Arrangements in den jeweiligen Ländern – keinesfalls zur Konvergenz auf ein einziges Reformmodell führt, so können auch nationale Reformdiskurse nur sehr grundsätzlich und allenfalls abstrakt auf gemeinsame Argumente, Werte oder Rhetoriken zurückgreifen. Denn öffentliche Reformdiskurse sind in ihrer kommunikativen und inhaltlichen Struktur nie voraussetzungslos, sondern immer von einer ganzen Reihe mehrdimensionaler länderspezifischer Bedingungen – von gesellschaftlich-kulturellen Leitbildern (hegemoniale Diskurse) über system-institutionelle Umsetzungs- und Kommunikationsressourcen, Akteurskonstellationen und Wahlsysteme (Polity) bis hin zu speziellen Interessensstrukturen und Willensbildungsprozessen (Politics) – vorgeprägt. Auch wenn Sinn und Wesen von Reformdiskursen genau darin bestehen, Strukturen jeweils gegebener Interessensinterpretationen und Werteorientierungen durch Kommunikation einer veränderten Problemwahrnehmung und der Vermittlung neuer Zielvorstellungen oder wirkungsmächtiger Ideen zu verändern, so bleibt der öffentliche Diskurs doch immer von eben diesen Strukturen gerahmt. Da der öffentliche Reformdiskurs nie in einem leeren oder neutralen, sondern immer in einem gegebenen öffentlich-politischen Raum, mit einer Vielzahl von spezifischen Eigenschaften, Akteuren und Kommunikationskanälen geführt wird, ist sein diskursiver Inhalt, die Art seiner Kommunikation wie auch seine transformative Wirkung von den in diesem Raum jeweils gegebenen Bedingungen und vorformulierten Interessen abhängig.
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© 2010 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
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Turowski, J. (2010). Nationale Input- und Output-Filter öffentlicher Reformdiskurse. In: Sozialdemokratische Reformdiskurse. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92400-7_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-92400-7_4
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-17307-8
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