Zusammenfassung
Gerade weil man bis heute „an den in der Literatur vorfindbaren Sinnbegriffen […] rasch verzweifeln“ (Döbert 1978: 52 f) kann, muss man offen legen, was gemeint ist. Auch empfiehlt es sich, zwischen unterschiedlichen Reichweiten oder Ebenen von ‚Sinn‘ und – etwa wie Jo Reichertz (in diesem Band) – zwischen ‚Sinnstiftung‘ und ‚Sinngebung‘ sowie zwischen den Funktionen von ‚Sinn‘ (z. B. Orientierung, Begründung, Legitimierung, Bewertung, Refiexion) zu unterscheiden. Im Folgenden meint ‚Sinn‘ immer ein (kognitves) Gerichtetsein oder Bezogensein auf etwas oder jemanden. Bereits „in der indogermanischen Grundbedeutung steht ‚Sinn‘ für die Richtung, in der man sich räumlich bewegt. Darauf verweist althochdeutsch ‚sinnan‘ = ‚sich einem Ziel zubewegen‘ und lateinisch ‚sentio‘ im Sinne der ‚gezielten Ausrichtung und Zuwendung von Wahrnehmung und Interesse‘. In der Übertragung von räumlicher Bewegung auf soziale Beziehung steht ‚Sinn‘ für die Richtung, das ‚Sinnen und Trachten‘ der eigenen Absichten“ (Pankoke 1994: 153). Aus der Perspektive der Soziologie, die ohne den Sinnbegriff gar nicht auskommt, ist ‚Sinn‘ konstitutiver Bestandteil eines jeden ‚Handelns‘: nicht erst ‚sozialen‘ Handelns, was – wiederum soziologisch – nichts anderes meint als in bestimmter Weise (traditional, wertrational, affektuell, zweck-mittel-rational) ‚am anderen‘ ausgerichtet zu sein. Aber dieses ‚soziale‘ Handeln kann ‚Sinn‘ – seine Richtung – darin haben, dem Anderen zu nutzen (wie schenken, helfen, tauschen, danken) oder auch zu schaden (wie ausgrenzen, berauben, verletzen, töten), wie auch pures ‚Handeln‘ ohne Orientierung am Anderen schädlich (sich verletzen, hungern, sich bekiffen) oder nützlich ausgerichtet (Holz hacken, um seinen Körper zu trainieren und dabei und danach an einem Feuer zu erwärmen) sein kann. Die Soziologie spricht seit Max Weber (1972: 1) von „subjektiv gemeintem“ Sinn, um schon anzudeuten, dass sich – von einem anderen Standpunkt aus – das Holzhacken auch als schädlich und das Hungern auch als nützlich qualifizieren lässt.
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Ebertz, M.N. (2010). Der letzte Sinn – Heilsarbeit im eschatologischen Büro. In: Ebertz, M.N., Schützeichel, R. (eds) Sinnstiftung als Beruf. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92388-8_2
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