Zusammenfassung
Die Veränderungen der westlichen Gesellschaften durch die Immigration von Muslimen sowie internationale Spannungen zwischen der säkularisierten westlichen Moderne und den islamisch geprägten Gesellschaften haben Fragen nach dem Verhältnis von Tradition und Fortschritt, Religion und Rationalität in das Zentrum politischer und wissenschaftlichen Debatten geführt. Aus westlicher Sicht wird dabei insbesondere die Frage der gegenseitigen Toleranz diskutiert, aber auch, ob im Islam überhaupt ein Prozess der Reformation möglich, in islamisch geprägten Gesellschaften also eine Säkularisierung denkbar ist. Dieser Diskurs wird jedoch nur in einer Sprache geführt, nämlich der westlich-säkularen, der Sprache des Rationalismus. Sie betrachtet die westliche Tradition der Moderne mit ihrer Domäne der Rationalität und des technologischen Fortschritts als universal gültig und als einzig mögliche Form der zivilisatorischen Entwicklung. Fortschrittskritiker nicht nur aus dem islamischen Lager haben allerdings schon früh darauf verwiesen, dass Fortschritt hier quasi als säkulare Religion fungiert. Wissenschaft und Technologie entzaubern die Welt und werden gleichsam auf den leeren Thron Gottes gesetzt. Der sich ständig beschleunigende „göttliche“ Fortschritt geht mit einer zunehmenden Individualisierung einher, deren Kehrseite in Vereinzelung und einem Verlust überindividueller, gemeinsamer Werte besteht.
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Charlier, M. (2010). Macht und Ohnmacht. In: Schneiders, T.G. (eds) Islamverherrlichung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92384-0_27
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