Zusammenfassung
In den folgenden Kapiteln soll gezeigt werden, wie sich zwischen den universalen Strukturen der Lebenswelt einerseits und ihrer konkreten Geschichtlichkeit andererseits vermitteln lässt. Es bleibt nicht aus, eine mittlere Position zwischen der Lebenswelttheorie und der Lebensweltempirie einzunehmen. Weder kann es eine Lebenswelt für alle Menschen geben, noch haben deswegen gleich alle Menschen ihre eigene Lebenswelt, wie es die empiristische Auffassung der Lebenswelt besagt: „In ihren konkreten Ausformungen existiert sie in milliardenfacher Vielfalt als einzig wirkliche Welt jeder einzelnen Person, jedes ‚Egos‘“ (Hitzler/Eberle 2000, S. 110). So bedarf es also gleich zweier Korrekturen. Einerseits kann die Lebenswelt nicht länger mehr Inbegriff einer universalen Struktur der Wahrnehmung (Husserl), des alltäglichen Erlebens und Handelns (Schütz) oder des Handelns in kommunikativer Einstellung (Habermas) sein. Andererseits zerfällt die Lebenswelt damit aber auch nicht notwendigerweise in verschiedene Sinnwelten (Hitzler 1988), kleine soziale Lebenswelten (Hitzler/Honer 1984) oder Milieus (Grathoff 1989), denen dann nur noch mit lebensweltlichen Ethnographien (Honer 1993) empirisch beizukommen wäre. Gleichwohl verdeutlicht die Lebensweltempirie, was der Ausgangspunkt jeder Lebensweltanalyse sein muss: Das Erleben eines empirischen Subjekts der Erfahrung. Um die veränderten Ausgangsbedingungen begrifflich zu kennzeichnen, spreche ich im Weiteren nicht mehr von „Lebenswelt“, sondern von Erfahrungsraum. Nicht nur in begrifflicher, sondern auch in konzeptioneller Hinsicht transformiert dieser Terminus diejenigen Problemstellungen, die die Lebenswelttheorie der Lebensweltempirie hinterlassen hat. Es wird, soviel sei vorweggenommen, gerade der Strukturbegriff sein, durch den die unabgegoltenen Ansprüche der Lebenswelttheorie mit den Kriterien der Lebensweltempirie versöhnt werden sollen (Kapitel VI).
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© 2010 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
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Kauppert, M. (2010). Der Erfahrungsraum. In: Erfahrung und Erzählung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92308-6_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-92308-6_6
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-17454-9
Online ISBN: 978-3-531-92308-6
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