Einfluss von Kameraperspektiven auf die Wahrnehmung von Politikern

Zusammenfassung

Über den Einfluss von Kameraperspektiven auf die Wahrnehmung einer Person geben drei Arten von Quellen Auskunft, die sich teilweise widersprechen: Aussagen von Filmtheoretikern, Aussagen von Kameramännern und Ergebnisse von Experimenten. Filmtheoretiker vermuten, dass Aufnahmen aus der Untersicht (Froschperspektive) die Bedeutung und Überlegenheit eines Menschen unterstreichen. Rudolf Arnheim findet vor allem in den russischen Revolutionsfilmen Eisensteins „das Monumentale, Wichtige eines Menschen … dadurch charakterisiert, dass der Schauspieler von unten her aufgenommen ist…“. Pierre Kandorfer vermutet, dass von unten nach oben aufgenommene Personen „selbstbewusst, heldenhaft, überlegen, arrogant, diktatorisch oder dämonisch, unheimlich “ erscheinen. Auch in Lehrbüchern für Fernsehproduzenten wird die Auffassung vertreten, dass Aufnahmen aus der Untersicht die Wichtigkeit einer Person betonen. Über die Wirkung von Aufnahmen aus der Draufsicht (Vogelperspektive) werden die gegenteiligen Effekte wie bei Aufnahmen aus der Untersicht vermutet. Eine von oben gefilmte Person erscheint demnach als „einsam, armselig, erniedrigt“, als „unbedeutend“ oder als „schwach“. Für Balázs ist es das Charakteristische des Films, dass die Einstellungen und der Blickwinkel der Kamera den Dingen ihre Form geben, „… und zwar in so hohem Maße, dass zwei unter verschiedenen Blickwinkeln gezeichnete Bilder ein und desselben Gegenstandes einander oft gar nicht ähnlich sind“. Angesichts dieser weitgehenden Feststellungen ist es erstaunlich, dass Filmtheoretiker generell von Unter- oder Draufsicht sprechen, ohne genauere Angaben über die jeweiligen Aufnahmewinkel zu machen. Dies erschwert die Interpretation ihrer Aussagen und lässt eine empirische Prüfung ihrer Thesen nicht zu.