Zusammenfassung
Das Konzept der Transnationalisierung fokussiert das Verhältnis zwischen sozialen und geographischen Räumen, in denen Menschen ihr Leben führen. Das Forschungsinteresse dieses Ansatzes richtet sich auf soziale Beziehungen, die sich über nationale Grenzen hinweg aufspannen. Dabei wird das Verhältnis von Raum und Sozialem neu betrachtet und die dominante Vorstellung von Sozialräumen, die ausschließlich an einem Ort entstehen, wird relativiert. Das Neue an dieser Perspektive ist, dass nicht mehr ausschließlich nationalstaatliche Grenzen den Referenzrahmen sozialwissenschaftlicher Forschung bilden, sondern Sozialräume betrachtet werden, die sich in den Lebenswelten von Individuen und Gruppen aufspannen, die ihre sozialen Aktivitäten an mehreren Orten in unterschiedlichen Nationalstaaten entfalten. Es handelt sich dabei weniger um ein völlig neuartiges soziales Phänomen als um eine Verschiebung der Beobachtungsperspektive (Portes 2003), die den Anstieg von Qualität und Quantität transnationaler Beziehungen, die in den letzten zwei Jahrzehnten zu verzeichnen ist, in den Blick nimmt. In der soziologischen Theoriebildung spielt der Raum traditionell eine eher unbeachtete Nebenrolle. In der neueren Diskussion findet sich jedoch unter den Markierungen „geographische Wende“ (Berking 1998: 382) bzw. „spatial turn“ (Schroer 2006) eine Belebung raumsoziologischer Perspektiven in der Soziologie. Die vorausgesetzte Kongruenz der Strukturen von Territorialität und Sozialität, wie sie in der Entwicklung des Fachs Soziologie angelegt ist, wird von der Transnationalisierungsforschung (z.B. Glick Schiller et al. 1992; Basch et al. 1997; Faist 1997, 2000a, 2000b; Pries 1997, 1999, 2001, 2008; Mau 2007; Mau und Mewes 2008; Berger und Weiß 2008), mit der Globalisierungsdiskussion, durch Theoriemodelle der Weltgesellschaft sowie in neueren Diskussionen der Raumsoziologie (Schroer 2006; Löw 2001, 2008) in Frage gestellt. Die globale Ausdehnung von Transaktionen und Kommunikationsformen stellt mit der Fokussierung transnationalisierter Formen des Sozialen für die Entwicklung von soziologischen Forschungsperspektiven eine neue Herausforderung dar.
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© 2010 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH
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Bauschke-Urban, C. (2010). Neuvermessungen des Sozialen – Transnationale Räume. In: Im Transit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92239-3_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-92239-3_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-17082-4
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