Zusammenfassung
Kommt man heute auf das Volk zu sprechen, so ist damit in aller Regel das politische Volk gemeint. Ein Verständnis also, das mit gerade einmal 200 Jahren noch relativ jung ist. Anders als diejenigen Untersuchungen, die ihren Gegenstand von Anfang an mit Hilfe einer Definition zu fixieren suchen, interessiert sich die Analyse in erster Linie für Kontexte, deren Verschiedenheit sich an der je spezifischen Bedeutung des Volksbegriffs festmachen lässt. Vorteil einer derartigen Vorgehensweise ist, nicht per definitionem vorwegnehmen zu müssen, was eigentlich erst Ergebnis wissenschaftlicher Untersuchung sein sollte. Andersherum schärft ein Verständnis, das den modernen Volksbegriff als Resultat eines ebenso unwahrscheinlichen wie unkontrollierbaren evolutionären Prozesses auffasst, erst den Blick für je spezifische Bedeutungen unter je verschiedenen soziostrukturellen Bedingungen. Die Arbeit erweist sich in diesem Sinne als sensibel für die Emergenz von Gesellschaftsstruktur und Semantik. Zur Erarbeitung jeweils vorherrschender Sinnbedeutungen des Volksbegriffs spannt die Untersuchung beginnend mit einer Darstellung der begriffsgeschichtlichen Wurzeln im Mittelalter einen ideengeschichtlichen Bogen von den frühneuzeitlichen Schriften Niccolò Machiavellis und Jean Bodins über die individualistische Vertragstheorie, vertreten durch John Locke und Thomas Hobbes, bis hin zu Jean-Jacques Rousseau und Emmanuel Sièyes, in deren Abhandlungen sich die Geburtsstunde eines modernen Verständnisses von Kollektivität abzeichnet. Damit ist selbstverständlich nur eine engste Auswahl in den Blick genommen, die sich einerseits mit Platzgründen und andererseits damit begründen lässt, dass die hier ausgewählten Perspektiven als repräsentativ für je dominante gesellschaftliche Problembeschreibungen ihrer Zeit gedeutet werden können.
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© 2010 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH
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Jung, K. (2010). Zur Genese des modernen Volksbegriffs. In: Volk – Staat – (Welt-)Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92225-6_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-92225-6_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-17063-3
Online ISBN: 978-3-531-92225-6
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