Zusammenfassung
In Deutschland wurde ein Bürgerhaushalt über Investitionen nicht nur aufgrund der schwierigen finanziellen Lage der Kommunen abgelehnt. Die Einführung eines solchen Verfahrens ist nach Meinung vieler deutscher Politiker auch nicht gerechtfertigt, da man von Armut und Korruption in einem viel geringeren Maß betroffen sei als in Brasilien. Ein weiteres Argument ist, dass allein die gewählten Repräsentanten die Legitimation hätten, über Verteilungsfragen zu entscheiden. In Spanien, in geringerem Maß auch in Italien, wird dies mitunter ganz anders gesehen. Die Idee einer Bürgerbeteiligung am Haushalt ist eng mit einer Delegation von Entscheidungskompetenz und der Förderung sozialer Gerechtigkeit verbunden. Im Gegensatz zu Deutschland können die Teilnehmer oft Einfluss auf die Regeln des Verfahrens nehmen. Viele der Politiker, die einen Bürgerhaushalt unterstützen, waren selbst in Porto Alegre und haben sich auf den Weltsozialforen von der Vision einer neuen lokalen Demokratie begeistern lassen. Auf dem im Vorfeld tagenden „Forum der lokalen Autoritäten“, einer Versammlung von Bürgermeistern und lokalen Mandatsträgern, werden gegenseitige Besuche und gemeinsame Projekte verabredet. Eine besondere Bedeutung hat in dieser Funktion das Programm URB-AL erhalten, indem sich, unterstützt durch eine Finanzierung der EU, Städte und Gemeinden aus Lateinamerika und Europa zum Netzwerk „Kommunale Finanzen und Bürgerhaushalte“ zusammengeschlossen haben [Cabannes, 2003]. An vorderster Stelle stehen auf europäischer Seite Spanien und Italien. Dies kommt nicht von ungefähr, die beiden Länder repräsentieren mittlerweile die stärkste Kraft des Bürgerhaushalts in Europa – nirgendwo sonst wächst die Zahl der Beispiele so schnell wie hier. Auf den nächsten Seiten werden einige Verfahren vorgestellt und ihre konkreten Ergebnisse, Probleme und Herausforderungen diskutiert.
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© 2010 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH
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Sintomer, Y., Herzberg, C., Röcke, A. (2010). Porto Alegre in Europa?. In: Der Bürgerhaushalt in Europa – eine realistische Utopie?. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92176-1_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-92176-1_6
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-17083-1
Online ISBN: 978-3-531-92176-1
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