Zusammenfassung
Das »unsichere Terrain« ethnographischen Forschens ist für wissenschaftliche Erkenntnisprozesse eine besondere Chance, geht es doch in der Ethnographie um die Ermöglichung neuer und häufig überraschender Wissensaspekte – nicht um ein Abprüfen von Hypothesen. Unsicherheit ist sozusagen das Programm einer ethnographischen Forschungshaltung, die gerade nicht von den eigenen Gewissheiten, sondern systematisch davon ausgeht, alles könne auch ganz anders sein, als man dachte. Das Feld darf und soll alltägliches Vorwissen gründlich verunsichern, darf »fremd« sein oder »befremdet« werden (Amann/Hirschauer 1997). Mein Text plädiert dafür, die Kamera nicht in den Dienst einer Beseitigung dieser Verunsicherung zu stellen, sondern sie im Rahmen dieser offenen und öffnenden Wahrnehmungsprozesse und Formulierungsversuche zu nutzen: Durch die Kamera wird das Forschungsterrain nicht »sicherer«, gewinnt aber an Entdeckungspotential.
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Literatur
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Kamera-Ethnographische Video-DVDs
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Mohn, B. E./Wiesemann, J. (2007): Handwerk des Lernens. Kamera-Ethnographische Studien zur verborgenen Kreativität im Klassenzimmer. Göttingen.
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Mohn, B. E./Wartemann, G. (2009): WECHSELSPIELE im Experimentierfeld Kindertheater. Reihe Kamera-Ethnographische Studien. Göttingen.
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Mohn, B.E. (2010). Dichtes Zeigen beginnt beim Drehen. In: Heinzel, F., Thole, W., Cloos, P., Köngeter, S. (eds) „Auf unsicherem Terrain“. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92138-9_12
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