Zusammenfassung
Am 11. März 2009 ereignete sich im schwäbischen Winnenden ein Fall von Amok, der dem bislang größten Vorfall dieser Art in Deutschland, dem Amoklauf von Erfurt, in nichts nachsteht: Der ehemalige Schüler der Albertville-Realschule in Winnenden, Tim K., tötete im Laufe eines Vormittags 15 Menschen und anschließend sich selbst. Immer wenn sich ein solcher als „School Shooting“ bezeichneter Fall ereignet, reagiert die mediale Öffentlichkeit aufgeregt und hat sofort diverse Erklärungsmuster bei der Hand. Auch in der sozialwissenschaftlichen Gewaltforschung finden diese Vorfälle Beachtung. Sie fragt nach den Ursachen von Gewalt und konzentriert sich auf Auslöser und Risikofaktoren. Die Schwierigkeit, die sich für die Forschung aus den School Shootings ergibt, liegt darin, dass es sich hierbei um eine Art von Gewalt handelt, in der man einen Sinn vergeblich sucht, bei der sich kaum Auffälligkeiten ausmachen lassen und bei der die Täter meist aus guten Verhältnissen stammen. Wie geht die wissenschaftliche Forschung mit derartigen Fällen von Gewalt um?
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Literatur
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Hewera, B. (2010). School Shootings und Amok – Perspektiven der Gewaltforschung. In: Imbusch, P. (eds) Jugendliche als Täter und Opfer von Gewalt. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91996-6_7
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