Oral history, wörtlich übersetzt die mündliche Geschichtserzählung, stellt die älteste Form der historischen Überlieferung dar. Zur Hochzeit des Verständnisses der Geschichte als einer exakten, den Naturwissenschaften ebenbürtigen Wissenschaft im 19. und 20. Jahrhundert, wurde allerdings der mündlichen Überlieferung kein Ernst zu nehmender historischer Stellenwert beigemessen. Wie bei den „Brüdern Grimm“ wurde das aus der Erinnerung Wieder- und Weitererzählte als Märchenerzählung betrachtet. Erst in der historischen Frauenforschung der 1970er Jahre wurde diese vor allem von Frauen gepflegte mündliche Erzählform als ein wichtiges Medium und historisches Zeugnis insbesondere für eine Frauenkultur und für vergessene, historisch wirksame Frauenwerte und -normen betrachtet. Insgesamt wurde die mündliche Geschichtserzählung allmählich als Quelle für die Erforschung der verschütteten Geschichte von zur Sprachlosigkeit verurteilten sozialen Gruppen und Individuen betrachtet. Als eine wissenschaftliche Methode der Erinnerungsarbeit entwickelte sich für die zeitgeschichtliche Forschung in den 1980er und 1990er Jahren die oral history zu einer Ergänzung der Archivarbeit. Heute wird sie als unverzichtbares Medium zur Überwindung der Krise der kulturellen und kollektiven Erinnerungskultur in einer postmodernen Medienwelt anerkannt.
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Literatur
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Kuhn, A. (2008). Oral history und Erinnerungsarbeit: Zur mündlichen Geschichtsschreibung und historischen Erinnerungskultur. In: Becker, R., Kortendiek, B. (eds) Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91972-0_41
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