Auszug
Etwa zu Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts, so genau will sich heute niemand mehr auf das Datum festlegen lassen, gründete sich im Umfeld des Romanischen Seminars der Freiburger Universität ein Verein, dem die beiden Initiatoren — Lehrstuhlinhaber mit vorzüglicher Reputation — das Namens-Kürzel VVF gaben: Verein zur Verhinderung von Festschriften. Der Zweck der Gruppe, die auch in ihren Hochzeiten nie mehr als 20 Mitglieder zählte, war es, dem Unbehagen an der Gattung Festschrift organisierte Form zu geben. Festschriften, so der Konsens aller Beteiligten, würden zu Recht kaum noch gelesen, seien in der Regel thematisch völlig heterogen, eigentlich im Wortsinne Buchbinder-Synthesen: unredigiert veröffentlichtes, lieblos bedrucktes Papier, zusammengehalten durch zwei Buchdeckel und etwas Leim, schließlich mit einer ISBN-Nummer versehen, um dann von Bibliotheken zwangsweise gekauft zu werden und letztendlich in irgendeinem Regal zu verstauben und dem verdienten Schicksal völliger Missachtung entgegenzudämmern. Wer dem VVF beitrat, war daher dazu verpflichtet, eine Festschrift für die eigene Person mit allen Mitteln zu verhindern.
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© 2008 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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Pörksen, B., Loosen, W., Scholl, A. (2008). Kleine Apologie der Festschrift. In: Pörksen, B., Loosen, W., Scholl, A. (eds) Paradoxien des Journalismus. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91816-7_1
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Print ISBN: 978-3-531-15883-9
Online ISBN: 978-3-531-91816-7
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