Auszug
Wird der Pazifismus aus seinem Gegensatz zum Bellizismus heraus verstanden, so erscheint die Motivation zum Frieden als etwas, das nicht in der Natur der Dinge selbst seinen Grund hat. Sie ist weder als Teil einer göttlichen Weltordnung gedacht, wie es bei Aurelius Augustinus (354-430) darin zum Ausdruck kommt, dass der Friede als tranquilitas ordinis die innere Struktur einer Weltordnung wiedergibt, in der jedem Ding ein eigener und darin richtiger Platz zukommt. Sie ist aber auch nicht Teil einer natürlichen Ordnung im Sinne des Hobbesschen Selbsterhaltungstriebes, der dafür sorgt, dass der Mensch den Frieden und nicht den Krieg wollen kann. Der moderne Bellizismus gründet deshalb in einer zweifachen Desillusionierung, dem verlorenen Glauben an eine göttliche und eine natürliche Ordnung, die auf den Frieden hin gerichtet waren. Ein nachaufklärerischer naturalistischer Naturbegriff beginnt unter dem Einfluss von Geschichts- und Evolutionstheorie im neunzehnten Jahrhundert Tod, Zerstörung und Vergänglichkeit als positive Faktoren des Wandels und des Fortschritts zu entdecken. Damit geht ein verändertes Verständnis auch der Natur des Politischen einher, dessen Sinn und Zweck nicht mehr der Friede, sondern die Macht wird.
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Literatur
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(2008). Typologien des Pazifismus. In: Pazifismus als Diskurs. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91785-6_3
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