Auszug
He was „not a product of our world [but] a stranger among us“. So urteilt eine Weggefährtin über Sergej Nechaev. Der folgende Beitrag stellt das Leben und Werk eines Mannes vor, der, trotz seiner Brutalität und Gnadenlosigkeit, viele Menschen seiner und nachfolgender Zeiten in seinen Bann gezogen hat.
So Zasulich, Vera, zitiert nach Avrich, Paul, Bakunin and Nechaev, London 1974, S. 5.
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Literatur
So Zasulich, Vera, zitiert nach Avrich, Paul, Bakunin and Nechaev, London 1974, S. 5.
Die Leibeigenschaft wurde 1861 abgeschafft.
Narodničestvo kann mit Volkstümlerbewegung übersetzt werden und meint die Verehrung der bäuerlichen Bevölkerung durch die Revolutionäre. Siehe Braunsperger, Sergej Ne÷aev und Dostojewskijs Dämonen, Frankfurt a. Main 2002, S. 43.
Braunsperger, Sergej Ne÷aev und Dostojewskijs Dämonen, aaO. (FN 3), S. 46.
Vgl. Braunsperger, Sergej Nečaev und Dostojewskijs Dämonen, aaO. (FN 3) S. 17.
Alexander II. folgte auf die repressive Herrschaft Nikolaus I. Die herbe Niederlage im Krimkrieg (1853-1856) hatte Russland gezeigt, dass es in Europa keine dominierende Rolle mehr spielte. Hinsichtlich der Industrialisierung bestand großer Aufholbedarf. Alexander II. erkannte dies und führte Reformen im militärischen, politischen und gesellschaftlichen Bereich durch. So wurden die Zensur und der Zugang zu den Universitäten gelockert. Siehe dazu Stökl, Günther, Russische Geschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Stuttgart 61997, S. 567-592.
Siehe zum Werk Bakunins den Beitrag von Marcus Gerngroß in diesem Band.
Dieser von Nikolaj Ishutin gegründete revolutionäre Zirkel war der bekannteste Mitte der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts. Die Mitglieder nannten sich Karakozovtsy, nach dem Namen des vermeintlichen Zar-Attentäters, der aus ihrem Kreis stammte. Sie pflegten die machiavellistische Konspiration und den Zarenmord ebenso wie Anschläge auf andere missliebige Personen, die Bestrafung abweichender Kameraden wurden ernsthaft als Mittel zur revolutionären Umwälzung in Betracht gezogen. Die Bewegung führte eine hierarchische Struktur, Skrupellosigkeit, Subordination, Terror und Gewalt ein, die bis dahin unbekannt waren. Siehe dazu Braunsperger, Nečaev und Dostojewskijs Dämonen, a.a.O (FN 3), S. 30ff.
Utopischer Frühsozialismus, der das Bild eines „neuen Menschen“ propagiert. Der Staat sollte in genossenschaftlichen Einheiten organisiert werden und jegliche Abhängigkeitsverhältnisse, ob emotionaler oder materieller Art sollten abgeschafft werden. Vertreter waren Louis Blanc, Pierre-Joseph Proudhon, Robert Owen und Charles Fourrier. Durch die Tatsache, dass der Marxismus sich letztlich durchsetzte, geriet der Begriff des Blanquismus zum Schimpfwort und Kampfbegriff und damit auch zu einem im heutigen Sprachgebrauch arrivierten Synonym für generelles Abweichlertum. Siehe dazu Bergmann, Karl Hans, Blanqui. Ein Rebell im 19. Jahrhundert, Frankfurt am Main et alii 1986.
So behauptete Karl Marx in seinem Feldzug gegen Bakunin, der dessen Ausschluss aus der Ersten Internationale zur Folge hatte, dass der Katechismus aus Bakunins Feder stammte.
Vgl. Pomper, Philip, Sergei Nechaev, New Jersey 1979, S. 216.
Das Kleinbürgertum im Russland des 19. Jahrhunderts war die unterste der sechs Verwaltungskategorien innerhalb der städtischen Bevölkerung. Die Zugehörigkeit war erblich und obwohl war zwar frei, aber dennoch arm. Siehe Braunsperger, Sergej Nečaev und Dostojewskijs Dämonen, aaO (FN 3), S. 44.
Siehe Nechaev, Sergej, Der Katechismus des Revolutionärs — Die Pflichten des Revolutionärs gegen seine revolutionären Genossen, § 10, zitiert nach Lehning, Arthur (Hrsg.), Michael Bakunin-„Gewalt für den Körper. Verrat für die Seele?“ Ein Brief von Michael Bakunin an Sergej Nečaev, Berlin 1980, S. 119. Der Katechismus ist auch in Marx, Karl/Engels, Friedrich, Werke, Band 18, Berlin 1969 abgedruckt. Eine Aufführung der wichtigsten Paragraphen des Katechismus findet sich bei Laqueur, Walter (Hrsg.), Zeugnisse politischer Gewalt — Dokumente zur Geschichte des Terrorismus, Kronberg/Ts. 1978, S. 56-59.
Siehe Nechaev, Sergej, Der Katechismus des Revolutionärs — Die Pflichten des Revolutionärs gegen seine revolutionären Genossen, § 8, zitiert nach Lehning (Hrsg.), Michael Bakunin-„Gewalt für den Körper. Verrat für die Seele?“, aaO. (FN 13), S. 119.
Ein Auszug aus dem Aktionsprogramm findet sich bei Pomper, Sergei Nechaev, aaO. (FN 11), S. 56ff.
Bakunin verurteilte Bildung als Privileg der Wohlhabenden, das von der revolutionären Sache ablenke. Das Volk war für ihn der eigentliche Träger der Revolution, weshalb es so früh wie möglich in den Kampf mit einbezogen werden müsse. Die Studenten sollten deshalb direkt mit dem Volk zusammen arbeiten.
Braunsperger, Sergej Nečaev und Dostojewskijs Dämonen, a.a.O (FN 3), S. 50.
Eines war betitelt mit “Some Words to Our Young Brothers in Russia”. Außerdem verfasste Nechaev gemeinsam mit Nicholas Ogarev “Russian Students”, das unter den Studenten verbreitet wurde. Die Autoren von „How the Revolutionary Question Presents Itself“, „Principles of Revolution“ und „Publications of the Society of, The People’s Justice’ No. 1” sind unbekannt, wobei “Principles of Revolution” aufgrund stilistischer ähnlichkeiten zum „Katechismus des Revolutionärs” Nechaev zugeschrieben wird. In allen wurde jedes Mittel, das der Revolution dient, als legitim bezeichnet.
Nechaev orientierte sich an den Anleitungen von Hölle, dem terroristischen Arm der Karakozovtsy. Siehe Pomper, Sergei Nechaev, aaO. (FN 11), S. 42.
Vgl. Avrich, Bakunin and Nechaev, aaO. (FN 1), S. 11.
Nechaev, Sergej, Der Katechismus des Revolutionärs — Die Pflichten des Revolutionärs gegen seine revolutionären Genossen, § 15ff., zitiert nach Lehning (Hrsg.), Michael Bakunin-„Gewalt für den Körper. Verrat für die Seele?“, aaO. (FN 13), S. 120ff.
Zitiert nach Avrich, Bakunin and Nechaev, aaO. (FN 1), S. 11.
Ebd.
Ihre Ablehnung gegenüber dem Nechaevismus drückten nachfolgende russische Revolutionäre aus, indem sie statt des „-ismus“ das Suffix „-shchina“ anfügten. Auf diese Weise unterstrichen sie die Primitivität und Skrupellosigkeit eines solchen Verhaltens. Siehe Pomper, Sergei Nechaev, aaO. (FN 11), S. 216.
Diese existierte ebenso wenig wie die revolutionäre Bewegung Russlands, als deren Anführer sich Nechaev vor den Emigranten ausgab. Bakunin gab der Legendenbildung um Nechaev zudem Nahrung, indem er Ogarev veranlasste, sein Gedicht über den Märtyrertod eines Studenten in Sibirien Nechaev zu widmen. Durch das Gedicht wurde die Verbindung zwischen Nechaev und den russischen Anarchisten bekannt, was ihm den Respekt der revolutionären Bewegung einbrachte. Nikolaj Platonovic Ogarev, Die lichte Gestalt, zitiert nach Lehning (Hrsg.), Michael Bakunin-„Gewalt für den Körper. Verrat für die Seele?“, aaO. (FN 13), S.10f.
Der Aufbau der Vereinigung war von der ersten überregionalen Untergrundorganisation „Land und Freiheit“ (gegr. 1862) geprägt worden und wurde von vielen nachfolgenden Bewegungen übernommen.
Weiterhin an der Tat beteiligt waren Petr Uspenskij, Aleksej Kuznecov, Ivan Pryžov und Nikolaj Nikolaev.
Danach ist die Ermordung eines Menschen gerechtfertigt, wenn dieser der Organisation schadet. Siehe Sergej Nechaev, Der Katechismus des Revolutionärs — Die Pflichten des Revolutionärs gegen seine revolutionären Genossen, § 16, zitiert nach Lehning (Hrsg.), Michael Bakunin-„Gewalt für den Körper. Verrat für die Seele?“, aaO. (FN 13), S. 121.
Der Mord an Ivanov und die darauf folgenden Verfahren gegen die Täter erregten große Aufmerksamkeit. Hier wurde das unmoralische Verhalten Nechaevs zum ersten Mal für die öffentlichkeit sichtbar. Fedor Dostoevskij verarbeitete den Stoff in seinem Roman „Die Dämonen“.
Avrich, Bakunin and Nechaev, aaO. (FN 1), S. 17.
Bei den Mordermittlungen waren die Polizisten auf Dokumente des Strafgerichts des Volkes gestoßen. Dadurch wurde ihnen die Verhaftung zahlreicher Revolutionäre leicht gemacht. Ebd., S. 17.
Die Projekte wurden mit Geldern aus dem Bakmethiev-Fonds finanziert, den ein russischer Adliger Alexander Herzen überlassen hatte. Auf Druck von Ogarev und Bakunin hatte Nechaev Zugang dazu erhalten.
Gegenüber den Emigranten und in Veröffentlichungen behauptete er, dass die Geheimpolizei ihn umbringen wolle, ihm aber die Flucht aus Sibirien gelungen sei.
Vgl. Braunsperger, Sergej Nečaev und Dostojewskijs Dämonen, a.a.O (FN 3) S. 61.
Bakunin in seinem Brief an Nechaev vom 2. Juni 1870, zitiert nach Lehning (Hrsg.), Michael Bakunin-„Gewalt für den Körper. Verrat für die Seele?“, aaO. (FN 13), S. 71ff.
Ebd., S. 57f.
Siehe dazu ebd., S. 53-96.
Von London aus publizierte er gemeinsam mit Vladimir Serebrennikov die Zeitschrift Obš_ina, in der er sein jakobinisches System weiterentwickelte.
Siehe dazu den Beitrag von Marcus Gerngroß in diesem Band.
Ross, Arman, Souvenirs, in: Lehning, Arthur (Hrsg.), Michel Bakounine et ses rÉlations avec Nečaev, 1870-1872, Archives Bakounine, Bd. 4, Leiden 1974, S. 365.
Siehe Avrich, Bakunin and Nechaev, aaO. (FN 1), S. 12.
Die Wertschätzung Nechaevs durch Lenin ist lediglich mündlich überliefert. Wolkogonow, Dimitri, Lenin: Utopie und Terror, Düsseldorf 1994, S. 40.
Dutschke, Gretchen, Rudi Dutschke. Wir hatten ein barbarisches, schönes Leben. Eine Biographie, München
1998, S. 16.
Cleaver, Eldridge, Seele auf Eis, München 1969, S. 19f.
Siehe dazu den Beitrag von Florian Edelmann in diesem Band.
Avrich, Bakunin and Nechaev, aaO. (FN 1), S. 29.
47Bakunin in seinem Brief an Talandier, 24. Juli 1870, Lehning (Hrsg.), Michel Bakounine et ses rÉlations avec Nečaev, aaO. (FN 40), S. 151.
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Huthöfer, N. (2008). Der Katechismus des Revolutionärs: Sergej Nechaev. In: Straßner, A. (eds) Sozialrevolutionärer Terrorismus. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91776-4_3
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