Zusammenfassung
Eine flächendeckende soziale Absicherung der Bevölkerung und eine durch die staatlichen Leistungen erfolgreiche Bekämpfung von Armut gelten im deutschen Feld als grundlegende Errungenschaften des modernen Nationalstaates und als Garant für einen langfristigen sozialen Frieden (vgl. Bonß/Ludwig-Mayernhofer 2000). Auch aufgrund dieser gesellschaftlich fest verankerten hohen Wertschätzung der nationalen Wohlfahrtspolitik zählt die Bundesregierung bei sozialpolitischen Initiativen der EU oftmals zu den zögernden Organisationen. So legte sie Anfang der 1990er Jahre gemeinsam mit der britischen Regierung ein Veto gegen das vierte Armutsprogramm ein. Auch betonte sie in vielen europäischen Debatten das Subsidiaritätsprinzip, für dessen Verankerung im Vertrag von Maastricht sie sich mit Erfolg einsetzte (vgl. Kaufmann 1997). Die Haltung der deutschen Politiker gegenüber einer europäischen Sozialpolitik muss somit als eher skeptisch bezeichnet werden. Europäische Initiativen werteten sie oftmals als eine unangemessene Einflussnahme auf den eigenen Sozialstaat, was gegen eine positive Aufnahme der OMK/Inklusion im deutschen Feld spricht. Hinzu kommt, dass der deutsche Sozialstaat in der Mehrheit der Bevölkerung und in der Politik als Erfolgsmodell galt, indem Bedürftigkeit und Arbeitslosigkeit vor allem als Folge von Systemlücken gewertet wurden. So wurde zwar seit Ende der 1990er Jahren über Armut und die hohe Zahl an staatlichen Leistungsempfängern debattiert, jedoch war die Regierung der Ansicht, dass die bereits angestoßenen Reformen ausreichen würden, um diese Systemfehler zu beheben und damit die bestehenden sozialen Probleme zu lösen. Bezüglich der OMK/ Inklusion wird deshalb angenommen, dass den europäischen Maßnahmen im Kampf gegen soziale Ausgrenzung von nationalstaatlicher Seite mit Zurückhaltung begegnet bzw. kein Handlungsbedarf für das eigene Feld gesehen wurde und der Prozess daher kaum Auswirkungen auf die nationale Politik hatte. Umgekehrt hatten sich die deutschen Wohlfahrtsorganisationen bereits in den 1980er Jahren aktiv an der Entwicklung von europäischen nichtstaatlichen Netzwerken beteiligt.
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© 2009 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH
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Preunkert, J. (2009). Die Offene Methode der Koordinierung in Deutschland. In: Chancen für ein soziales Europa?. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91767-2_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-91767-2_6
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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