Selten zuvor waren sich Medien und Politiker in ihrem Urteil so einig: Die Ergebnisse der Bundestagswahl 2005 waren ein “Debakel” (Süddeutsche Zeitung vom 20.09.2005, S. 2) der Demoskopie. In der gesamten vorangegangenen Legislaturperiode suggerierten die Zahlen der Wahlforscher, dass im Falle sofortiger Neuwahlen mit großer Wahrscheinlichkeit eine schwarz-gelbe Mehrheit zu erwarten sei. Sogar von einer möglichen absoluten Mehrheit der Union war kurze Zeit die Rede. Die erste Prognose am Wahlabend lieferte allerdings ein ganz anderes Ergebnis. Die Union erhielt das drittschlechteste Ergebnis ihrer Wahlgeschichte; die SPD schnitt besser ab als es die Vorwahlumfragen hatten vermuten lassen. “Die Bundestagswahl 2005 ist somit ein weiterer Tiefschlag für eine Branche, die bei Politikern und Medien vor allem deshalb beliebt ist, weil sie einen Blick in die Zukunft zu erlauben scheint”, schrieb der Spiegel. “Viele Demoskopen bedienen diese Erwartungshaltung gern, auch wenn sie leise hinzufügen, dass sie ja nur Momentaufnahmen lieferten” (Der Spiegel vom 19.09.2005, S. 63).
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Plischke, T., Rattinger, H. (2009). “Zittrige Wählerhand” oder invalides Messinstrument? Zur Plausibilität von Wahlprojektionen am Beispiel der Bundestagswahl 2005. In: Gabriel, O.W., Weßels, B., Falter, J.W. (eds) Wahlen und Wähler. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91666-8_20
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