Für die 1950er und 1960er Jahre des europäischen Einigungsprozesses gilt die Existenz einer wohlwollenden öffentlichen Meinung in den sechs Gründungsstaaten der Europäischen Gemeinschaft gegenüber den Integrationsbemühungen ihrer Regierungen als Legion. Die als „permissive consensus“ (Lindberg/Scheingold 1970) bezeichnete Grundhaltung einer Mehrheit der Bevölkerungen in den BeNeLux-Staaten, in Frankreich, Deutschland und Italien beschrieb demnach eine allgemein positive Orientierung der Bürgerinnen und Bürger bezüglich des europäischen Einigungsziels (Niedermayer 1995b). Gleichwohl basierte diese Einstellung nicht nur auf grundsätzlicher Zustimmung, sondern auch auf einem weit verbreiteten Desinteresse der Menschen gegenüber einem politischen Vorhaben, das von ihrer Wahrnehmung weit entfernt war und als politisches Thema nur wenig ins Bewusstsein rückte (u.a. Inglehart 1970: 773; Kohler-Koch et al. 2004: 207; Hix 2005: 149; McLaren 2006: 8). Diese auf Einverständnis und Gleichgültigkeit basierende Großzügigkeit der Bevölkerungen räumte den Regierungsvertretern als maßgeblichen Akteuren auf europäischer Ebene einerseits einen großen Handlungsspielraum und breiten Entscheidungskorridor im europäischen Integrationsprozess ein. Andererseits legte sie den Grundstein für die lange Zeit als selbstverständlich geltende Tatsache, dass die wirtschaftliche und politische Einigung des westeuropäischen Kontinents vornehmlich eine Angelegenheit von Eliten ist.
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Kaina, V. (2009). Was ist das Problem?. In: Wir in Europa. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91637-8_2
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