In der Objektiven Hermeneutik, die vor allem von Ulrich Oevermann entwickelt wurde, steht die Analyse von Protokollen sozialer Praxis, auf die in ihnen enthaltenen Sinnstrukturen im Mittelpunkt. Den Grundannahmen des Symbolischen Interaktionismus oder auch der Sprechakttheorie folgend geht es in der Objektiven Hermeneutik darum, das Inbeziehungsetzen des Individuums mit seiner Umwelt zu analysieren und daraus Erkenntnisse genereller Relevanz abzuleiten. Die Analyseergebnisse können sich auf die Ebene personaler Identität, auf Interaktionsschemata, auf die Handlungsmuster von Gruppen oder Organisationen oder auf gesellschaftliche Rahmenbedingungen beziehen. Die Bewältigung sozialer Krisen, die die Grundlage jeglicher sozialer Entwicklung bilden, steht damit im Zentrum des Interesses dieser Methode (vgl. Oevermann 1998). Die Grundfrage an das Material lautet stets: Wie entwickelt sich die Besonderheit der untersuchten Praxis in Auseinandersetzung mit generellen sprachlichen, interaktiven und allgemein sozialen Regeln?
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Scherf, M. (2009). Objektive Hermeneutik. In: Kühl, S., Strodtholz, P., Taffertshofer, A. (eds) Handbuch Methoden der Organisationsforschung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91570-8_15
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