Die Mediatisierung der Wahlkämpfe hat aus dem Publikum von Wahlveranstaltungen die Statisten von Inszenierungen gemacht, deren Adressaten zuhause vor den Fernsehschirmen sitzen. Diese Entwicklung wurde in Deutschland Mitte der siebziger Jahre von der CDU/CSU eingeleitet und bei der Bundestagswahl 1998 von der SPD zu einem vorläufigen Höhepunkt gebracht. Der Leipziger Parteitag im April 1998, in dessen Verlauf die Kanzlerkandidatur Gerhard Schröders offiziell beschlossen wurde, war eine detailliert geplante Show.1 Allerdings sollten keineswegs die Delegierten, Journalisten und Ehrengäste im Saal selbst beeindruckt werden, sondern die Fernsehzuschauer – diejenigen, die live zusahen, oder diejenigen, die das Ergebnis der strikten Regie in den Abendnachrichten zu sehen bekommen würden. Die Regie sah verschiedene „Lichtstimmungen“, einen zehnminütigen Triumphmarsch über nur 80 Meter durch jubelnde und klatschende Anhänger vor, dazu Kameraeinstellungen, die so geplant wurden, dass außer dem Redner – vor allem Gerhard Schröder – nur die Worte „des Neuen“ aus dem Slogan „Die Kraft des Neuen“ zu sehen waren. Nichts wurde dem Zufall überlassen, die Planung des Kandidaten-Parteitages hatte schon Monate zuvor, beim Parteitag in Hannover im Dezember 1997, begonnen. Video-Clips stellten Partei und Kandidaten vor, eigens komponierte Musik untermalte die von der wechselnden Beleuchtung geschaffenen Stimmungen. Minutiös, zum Teil sekundengenau lief der Regie-Plan ab, der die Wirkung der Show bei denen, die den Kandidaten im Fernsehen sahen, die Lichtstimmungen wahrnahmen und die natürlich auch das jubelnde Publikum bemerkten, maximieren sollte.
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Kepplinger, H.M. (2009). Der Nutzen erfolgreicher Inszenierungen. In: Politikvermittlung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91504-3_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-91504-3_8
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