Auszug
Wie wenige Begriffe der politischen Kommunikation ist „symbolische Politik“ inzwischen zu einer politischen Allerweltsformel geworden, deren umgangssprachliche Bedeutungszuschreibung den Blick für die eigentliche Relevanz des Symbolischen in der Politik eher verstellt als erhellt. Dies hat „symbolische Politik“ etwa mit der im allgemeinen Sprachgebrauch ebenfalls viel bemühten „politischen Kultur“ gemeinsam. Während letztere allerdings überwiegend positiv besetzt ist und vielfach normativ überladen wird — ganz im Gegensatz zur Rede von der „politischen Kultur“ in den empirischen Sozialwissenschaften — gilt „symbolische Politik“ gemeinhin als etwas Negatives. Sie steht für politische Schauspielerei, hohles Spektakel, für eine auf Täuschung angelegte politische Inszenierung, für politisch-unpolitisches Placebo, kurz für den „Ernstfall allen Unernstes in der Politik“ (Soeffner/Tänzler 2002b: 17). Beispielhaft dafür ist etwa auch die Einschätzung von „symbolischer Gesetzgebung“, die als rechtlich fragwürdig angesehen wird, weil sie auf Macht- und Informationsasymmetrien zwischen organisierten Interessen, dem Gesetzgeber und der Wählerschaft beruhe und „tendenziell die mächtigeren Interessen faktisch, die schwächeren bloß symbolisch bedient“ (Newig 2004: 813; vgl. auch Hansjürgens/Lübbe-Wolf 2000). Nicht überzeugen kann dabei etwa die Unterscheidung, dass politische Symbolik als „Bestandteil der wirklichkeitskonstruktiv tatsächlich relevanten Deutungskultur einer Gesellschaft“ unstrittig sein soll, „symbolische Politik“ hingegen „symbolisch Vorgeblendetes [bezeichnet], welches durch tatsächlich ergriffene Maßnahmen eben nicht untersetzt und bestätigt wird“ (exemplarisch dafür: Patzelt 2001: 53). „Symbolische Politik“ gleichsam als Ersatzhandlung, als Politiksurrogat und mehr noch als Rationalitätsersatz, dies ist jedenfalls die verbreitete einseitig verkürzte Deutung eines allgemeineren und für politische Kommunikation unverzichtbaren Phänomens.
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© 2009 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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(2009). Symbolische Politik: Einschätzungen und Fehleinschätzungen einer politischen Allerweltsformel. In: Politische Kommunikation in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91458-9_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-91458-9_8
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-15386-5
Online ISBN: 978-3-531-91458-9
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