Zusammenfassung
Es war ein großer, hoher, irgendwie trapezförmiger Raum in einem verlassenen Industriegebiet, beheizt von einem großen Kanonenofen und den Menschen, die sich in diesem Raum aufs intensivste bewegten. (...) Ich kannte und liebte den Tango bis zu diesem Zeitpunkt nur als Hörmusik und das vor allem in der Form des Tango-Nuevo eines Piazzolla, Matteo oder Mosalini. An diesem Abend wurde auch das gespielt, aber nur sehr wenig und erst ganz zum Schluss, denn danach können sich wirklich nur sehr weit fortgeschrittene TänzerInnen adäquat bewegen. Es war der Volkstango, der rhythmische Straßentango der 30er und 40er Jahre, der hier im wahrsten Sinne des Wortes den Ton angab. Und natürlich diese Frau, von der ich den ganzen Abend kein Auge lassen konnte. Es war eigentlich nicht diese bestimmte Frau, sondern die Tatsache, daß ich zum ersten Mal eine Frau so wahrgenommen habe: als hingebungsvolle, ausdrucksstarke und zugleich selbstbewußte Tänzerin. Erst sah ich sie nur allein, dann zusammen mit ihrem jeweiligen Tänzer und später auch die anderen Paare. Die vielen Bilder dieser aneinander gelehnten oder geschmiegten Menschen in ihren immer wieder überraschenden Tanzfiguren wurden eins mit der Musik. Mit einem Mal verloren die Melodien ihre kitschige Süße, ihren für den nicht beteiligten Zuschauer oft so schrammeligen und leiernden Sound und gingen mir nicht nur ins Ohr, sondern auch unter die Haut. Ich vergaß die Zeit. Als ich das Lokal verließ, war es weit nach Mitternacht und ich wußte, daß ich diesen Tanz nicht nur von außen, sondern auch von innen erleben wollte. (Kraemer/Voß 1999: 6)
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Diaz-Bone, R. (2009). „Tangowelt Berlin“ — Strukturierung, Performanz und Reflexivität eines kulturellen Feldes. In: Willems, H. (eds) Theatralisierung der Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91442-8_15
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