Auszug
Klasse und Schicht stellen zweifellos zwei Grundbegriffe von Theorien sozialer Ungleichheit dar, die im Verlauf der Geschichte von Gruppen und Schulen, die sich weder theoretisch noch politisch grün waren oder sind auf alles andere denn einheitliche Weise verwendet wurden oder werden. Auch nur der Versuch, „den“ Klassenbegriff in der Geschichte des Nachdenkens über die europäische Gesellschaft seit dem beginnenden 19. Jahrhundert deutlich zu machen, würde jeden Rahmen sprengen. Wir schließen uns hier an ein — auch nicht wirklich homogenes — Verständnis von „sozialer Klasse“ an, das sich im Rahmen einer Variante der sog. „Surplustheorie“ der Klassenbildung bewegt. Unter „Surplus“ — so wurde oben schon bei den Hinweisen auf „Reichtum“ als Hauptdimension zur Analyse und Kritik sozialer Ungleichheit erwähnt — wird derjenige Teil des gesellschaftlichen Produktionsüberschuss verstanden, den (mindestens) eine Gruppe von „Herren“ zu Lasten und zum Schaden (mindestens) einer Gruppe von Mägden/ Knechten machtgestützt appropriieren kann. Wenn sich mit den Vorteilen der Herren noch ein Legitimitätsglauben bei den Knechten verbindet, handelt es sich um Klassenherrschaft. Beim Schichtbegriff liegen die Dinge nicht sehr viel anders. Einerseits wird er von verschiedenen Autoren eingeführt, um bestimmte Varianten des Klassenbegriffs als „veraltet“ abzulösen, andererseits gibt es ebenfalls recht verschiedenartige Ansätze zu einer Theorie sozialer Schichten. Gleichwohl waren „Klasse“ und/oder „Schicht“ in der Geschichte der Soziologie lange Zeit die gebräuchlichsten Kategorien zur Bestimmung sozialer Diskrepanzen. Doch in der jüngeren Vergangenheit wurde immer nachdrücklicher empfohlen, die Begriffe Milieu und Lebensstil an ihre Stelle treten zu lassen. Die folgenden Modelle werden sich auf die elementaren Merkmalsdimensionen dieser klassischen Grundbegriffe der Ungleichheitstheorie konzentrieren.
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Wichtige Bezugstexte
K. Marx: „Das Kapital“, Band 1 (MEW 23), Achtes Kapitel: „Der Arbeitstag“, Abschnitt 1: Die Grenzen des Arbeitstages. MEW (Marx/Engels Werke).
K. Marx: „Das Kapital“, Band 2 (MEW 24), Erstes Kapitel: „Der Kreislauf des Geldkapitals“.
M. Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie (Studienausgabe hrsg. v. J. Winckelmann), Köln/Berlin 1956, 1. Halbband, Viertes Kapitel: Stände und Klassen. WuG.
M. Weber: Wirtschaft und Gesellschaft, a.a.O.; 2. Halbband, Achtes Kapitel, § 6: Machtverteilung innerhalb der Gemeinschaft: Klassen, Stände, Parteien.
Vertiefender Kommentar
E. O. Wright: Class Counts. Comparative studies in class analysis, Cambridge 1997, Kapitel 1: Class Analysis.
J. Ritsert: Soziale Klassen, Münster 1998, Kapitel 3, S. 57–87.
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© 2009 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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(2009). Soziale Klassen. In: Schlüsselprobleme der Gesellschaftstheorie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91436-7_10
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