Skip to main content

Rahmenanalyse: Bioethik, zivilgesellschaftliche Partizipation, Öffentlichkeit im Internet

  • Chapter
Das Wissen der Leute
  • 1810 Accesses

Auszug

Der Begriff der „Rahmen-Analyse“ (frame analysis) geht auf Erving Goffman (1980) zurück. Mit ‚Rahmen‘ bezeichnet er die Muster, in denen alltägliche Erfahrung organisiert wird. Rahmungen haben demnach eine integrierende Funktion: Sie stellen den Subjekten Sinn gebende Interpretationsschemata zur Verfügung (Goffman 1980, 31) und ermöglichen eine Einbettung der eigenen Erfahrungen in eine umfassendere Welt (Goffman 1980, 278ff.). Ziel der Rahmenanalyse ist es, diese Muster oder Schemata aufzudecken (Goffman 1980, 36). Dabei ist sie einem handlungstheoretischen Ansatz verpflichtet: Soziales Agieren wird als Theater betrachtet, das auf der Bühne des Lebens stattfindet (Goffman 1980, 143ff.). Im Anschluss an Goffman haben in den 1980er Jahren William A. Gamson und seine Mitarbeiter/innen, ebenfalls Vertreter des interpretativen Paradigmas, Vorschläge zur Nutzung des Konzepts entwickelt, und zwar für die Analyse von öffentlichen Diskussionen und Mobilisierungsprozessen sozialer Bewegungen (Keller 2004, 37ff.). Mit Hilfe eines Codierschemas werden große Textmengen oder massenmedial vermittelte Bilder untersucht, mit dem Ziel, den Einsatz spezifischer Deutungsstrategien transparent zu machen. ‚Deutungspaket‘, ‚Deutungsmuster‘ und ‚Deutungsrahmen‘ sind zentrale Stichworte dieses Ansatzes. Den kulturwissenschaftlichen Blick von Gamson und anderen hat Paolo R. Donati (2001, 149) dann diskurstheoretisch gewendet; sein Rahmenkonzept soll eine „neue Perspektive auf ideologische Systeme“ ermöglichen. Menschliche Äußerungen wie Wahrnehmungen, Handlungen, Sprache etc. werden als Ausdruck historisch und politisch vorgegebener Muster betrachtet.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 59.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 69.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  1. Die Selbstbeschreibung der professionellen Bioethik wird hier nur sehr verkürzt wiedergegeben; auf die verschiedenen Strömungen innerhalb der noch jungen Disziplin, die z. T. gegensätzliche Auffassungen vertreten, kann ebenfalls nicht näher eingegangen werden (für eine vertiefende Darstellung vgl. Ach/ Runtenberg 2002; Düwell u.a. 2002; Jonsen 1998; Korff u.a. 1998).

    Google Scholar 

  2. Für einen Überblick über die Forschungslandschaft siehe Ach/ Runtenberg (2002, 47–51).

    Google Scholar 

  3. Der Untertitel des Buches „Zur Selbstaufklärung angewandter Ethik“ (Ach/ Runtenberg 2002) weist auf diese Problematik hin.

    Google Scholar 

  4. Damit befindet sie sich in Konkurrenz zur Religion als einer anderen, mit der Endlichkeit des Menschen befassten „symbolischen Sinnwelt“ (vgl. Berger/ Luckmann 2000, 108ff.).

    Google Scholar 

  5. Die beschriebenen Verfahren sind: I.) Dialogverfahren, II) Partizipative Technikfolgenabschätzung mit starker Expertenorientierung, III) Erörterungstermin, IV) Konsensuskonferenz, V) Erweiterte Konsensuskonferenz, VI) Voting Conference, VII) Szenario-Workshop (vgl. Abels/ Bora 2004).

    Google Scholar 

  6. Als Kriterium für den Expertenstatus kann man den Bildungsabschluss heranziehen. In der Enquetekommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ waren kaum Mitglieder oder Berater/innen ohne akademischen Grad vertreten. Von den 31 ordentlichen Mitgliedern (temporäre Mitgliedschaften mitgezählt) hatten 21 einen Doktortitel und 10 waren außerdem Privatdozenten oder Professor/innen (Deutscher Bundestag 2002, 559f.).

    Google Scholar 

  7. Dieses Ergebnis deckt sich mit Ergebnissen der Studie „Einstellungen und Ambivalenzen der deutschen Allgemeinbevölkerung zur Forschung mit extrakorporalen Embryonen“, die an der Abteilung für Rehabilitationspsychologie am Institut für Psychologie, Freiburg i.Br. durchgeführt wurde (Barth u.a. 2005). Auch hier wird der Umgang mit dem Embryo als entscheidend für die Bewertung der Forschung angesehen.

    Google Scholar 

  8. Eigene Übersetzung; im Original: „It may soon be possible for parents to choose the sex of their children. Couples interested in such a service would have to visit a Fertility Center, provide a sperm sample, undergo an average of three to five cycles of intrauterine insemination, and pay a fee of €2000 per attempt. Would you take advantage of this technology? yes no.“ (Dahl u.a. 2003, 2232)

    Google Scholar 

  9. Leider gibt die Quelle keinen Aufschluss über die Art der Informationen, die gegeben wurden. Die Rede ist von „geschulten“ Interviewern, die offensichtlich, wie dem Artikel zu entnehmen ist, bei der Frage nach der „Eizellenspende“ medizinisches Hintergrundwissen lieferten (Brähler/ Stöbel-Eichter 2004, 3 und 12).

    Google Scholar 

  10. Als „Hochrisikopaare“ galten Paare mit einem Risiko von 10%, 25%, 50% für die Vererbung verschiedener, als „genetisch bedingt“ bezeichneter Erkrankungen, darunter Stoffwechselstörungen und neurologische Erkrankungen. Sie wurden aus den Patienten und Patientinnen der mit der Studie kooperierenden humangenetischen und pädiatrischen Zentren ausgewählt (Hoffmann u.a. 2003, 52).

    Google Scholar 

  11. Dabei wird auf den „eklektischen, autokoenomischen, positionenbezogenen und relationalen philosophischen Rahmen“ einer sich selbst als feministisch bezeichnenden Bioethik verwiesen (vgl. Krones 2005). Im Original heißt es: „eclectic, autokoenomous, positional and relational philosophical framework“ (Tong 1997, 75ff.). Das aus der anglo-amerikanischen Debatte stammende Konzept der „Autoekonomie“ betont im Unterschied zur Autonomie die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Fremdregeln im menschlichen Handeln.

    Google Scholar 

  12. Hier kann das von Hardt und Negri (2002, 123) neu belebte Konzept der „Multitude“ assoziiert werden: Gemeint ist eine Vielzahl von Personen bzw. Subjekten oder auch „Singularitäten, die gemeinsam handeln.“

    Google Scholar 

  13. Diese Angaben müssen allerdings insgesamt als sehr vage gelten. Dass es sich bei den aktiven Usern des 1000 Fragen-Forums vorrangig um junge Menschen handelt (Aktion Mensch/Zirden 2003, 806), deckt sich ebenfalls mit den Ergebnissen von Studien zum Userverhalten: So ermitteln beispielsweise die ARD/ZDF-Online-Studien der Jahre 2006/2007 eine unterdurchschnittliche Beteiligung älterer Nutzer (>50) in den Bereichen Gesprächsforen und Newsgroups (Gscheidle/Fisch 2007, 397f.). Generell werden die kommunikativen Funktionen des Internets eher von jüngeren Nutzern wahrgenommen (Eimeren/Frees 2007, 365).

    Google Scholar 

  14. Der Anglizismus agenda setting (übersetzt: Festlegung der Tagesordnung) bezeichnet die Funktion der Massenmedien, konkrete Themenschwerpunkte und Einschätzungen in der öffentlichen Meinung zu platzieren, d.h. die öffentliche Agenda zu bestimmen. Der in der empirischen Kommunikationsforschung bzw. in der Medieninhaltsforschung zur Anwendung kommende agenda setting approach (Thematisierungs-Ansatz, Thematisierungstheorie) untersucht die Thematisie rungs funktion der Massenmedien (vgl. Bonfadelli 2002).

    Google Scholar 

  15. Mit ‚Schweigespirale ‘ist gemeint, dass eine faktische Minoritätsmeinung durch die Medien derart verstärkt wird, dass sie als Mehrheitsmeinung erscheint (vgl. Noelle-Neumann 1996).

    Google Scholar 

  16. Zu den Merkmalen dieses Sprachtypus siehe auch die Tabellen in Döring (2003, 187 und insb. 196).

    Google Scholar 

  17. Wahlweise werden von Krämer (1997, 8ff.) auch die Begriffe „telematische Dialogizität“ oder „telematische Interaktivität“ benutzt; der Begriff lässt sich anhand von fünf Merkmalen spezifizieren: (1) Im elektronischen Netz wird mit Datenstrukturen, nicht mit Personen interagiert, (2) so dass dabei von den illokutionären, also den parakommunikativen Aspekten symbolischer Tätigkeit abgesehen wird; (3) Netzinteraktionen haben den Status von Spielzügen; (4) das maschinenlesbare Datenuniversum ist die Auslagerung des Prinzips der „Intertextualität“, welches (5) eine neue Form des kollektiven Gedächtnisses stiftet. Mike Sandbothe (2003, o. S.) grenzt sich von der von Krämer vertretenen sprechakttheoretischen These ab; seiner Meinung nach beruht die Kommunikation in elektronischen Netzen nicht „auf der Außerkraftsetzung der mit Personalität und Autorschaft verbundenen illokutionären und parakommunikativen Dimensionen unseres symbolischen Handelns“.

    Google Scholar 

  18. In der Spieltheorie geht es — im Unterschied zur klassischen Entscheidungstheorie — um interaktive Entscheidungsprozesse, denn an Spielen sind mindestens zwei Entscheider (Spieler) beteiligt (vgl. Sandbothe 2005).

    Google Scholar 

  19. Baudrillard (1983, 66) hat darauf hingewiesen, dass Medien generell „act in two directions: outwardly they produce more of the social, inwardly they neutralise social relations and the social itself.“

    Google Scholar 

  20. Bedeutungsaufladungen sind von direkter Relevanz für die Gestaltung sozialer Beziehungen; sie können in der Netzkommunikation eingesetzt werden, ohne dass Abweichungen von der Realität direkt überprüfbar sind (Döring 2003, 167).

    Google Scholar 

  21. Voraussetzungen für Teilhabe waren die Freiheit der Subjekte und ihr Recht auf individuelle Meinungsäußerung (Walter 1993, 192). Minderjährige, Frauen, Ausländer und Sklaven waren von der Teilnahme an der Volksversammlung ausgeschlossen. Am Willensbildungsprozess einer polis war nur der männliche, erwachsene, von Bürgern abstammende und zuweilen durch eine bestimmte Vermögensqualifikation amtsfähige Teil der Bevölkerung beteiligt (vgl. Rhodes 2001). Kritisch zu bewerten ist auch, dass Interessen und Erwartungshaltungen sich gegenseitig stützten und interne Machtverhältnisse von vorneherein von der Diskussion ausgeschlossen blieben. In der Antike existierte zudem ein eng gefasster Begriff des Politischen, der sich vor allem auf Staatsangelegenheiten und staatliches Handeln bezog.

    Google Scholar 

  22. Im englischsprachigen Vortragsskript sieht Habermas (2006, 422) die Fragmentierung unter anderem ausgelöst durch die „colonization of the public sphere by market imperatives“.

    Google Scholar 

Download references

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2009 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

(2009). Rahmenanalyse: Bioethik, zivilgesellschaftliche Partizipation, Öffentlichkeit im Internet. In: Das Wissen der Leute. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91361-2_4

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-91361-2_4

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-15664-4

  • Online ISBN: 978-3-531-91361-2

  • eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)

Publish with us

Policies and ethics