Auszug
„Wir haben eine gute Verfassung, aber sind wir auch in einer guten Verfassung?“ - hat Bundespräsident Richard von Weizsäcker bezogen auf das Grundgesetz und die Bundesrepublik Deutschland einmal gefragt. Für Europa und die Europäische Union könnte man dieselbe Frage aufwerfen. Der Doppelsinn von Verfassung ist hier bewusst gewählt: Die EU hat eine Verfassung, die in den europäischen Verträgen niedergelegt ist, auch wenn sie den Begriff Verfassung dafür (noch) nicht verwenden will. Man mag geteilter Auffassung sein, ob diese Verfassung eine „gute Ordnung“ etabliert, wie man sich dies von normativen Grundordnungen gemeinhin erhofft. In der Vergangenheit haben die Verträge immerhin die Funktionsfähigkeit der Gemeinschaft sichergestellt und zu bedeutenden Integrationsfortschritten beigetragen. Auch der Lissabon-Vertrag dürfte in dieser Hinsicht besser sein als sein Ruf. Gewiss war er eine im wahrsten Sinne des Wortes schwere Geburt und enttäuschte viele Erwartungen, welche man in den Verfassungsprozess ursprünglich gesetzt hatte. Dennoch schafft er eine Grundlage, auf der das europäische Institutionensystem weiterarbeiten und womöglich zu neuen Ufern aufbrechen kann.
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© 2009 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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Decker, F., Höreth, M. (2009). Europas krisengeschüttelte Verfassung — eine Einführung. In: Decker, F., Höreth, M. (eds) Die Verfassung Europas. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91336-0_1
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