Die amerikanischen Raketenabwehrprogramme

Auszug

Im September 1944 erschütterte eine gewaltige Explosion einen Straßenzug in London, die sechs Häuser gänzlich zerstörte, drei Menschen auf der Stelle tötete und weitere 17 Personen verletzte. Da im Vorfeld weder anfliegende Bomber noch V1-Flugbomben beobachtet wurden, blieb die Explosion vorerst rätselhaft. Dies vor allem, da nur einige wenige Trümmerteile auffindbar waren und für kurze Zeit nach der Explosion ein senkrechter Streifen Dampf zu sehen war. Das Rätsel wurde wenig später gelöst, als alliierte Geheimdienste erfuhren, dass die Explosion durch die Detonation einer deutschen V2-Rakete verursacht wurde. Damit war die V2, oder auch A4, wie die Rakete in Deutschland genannt wurde, die erste ballistische Rakete, die im militärischen Einsatz Verwendung fand (dazu ausführlicher Neufeld 1999). Der September 1944 markiert den Anfang des Zeitalters ballistischer Raketen (Handberg 2002: 1). Während nämlich die V1-Flugbombe eher einem Flugzeug ähnelte - im Grunde handelte es sich um eine erste rudimentäre Form von Marschflugkörper mit Flügeln, Stabilisatoren und einem huckepack montierten Triebwerk — wurde sie entsprechend bekämpft. Das heißt, vom Boden oder aus der Luft mit konventionellen Methoden beschossen, wie dies auch bei feindlichen Flugzeugen der Fall war. Doch trotz dieser Abwehrmaßnahmen kamen während des Krieges Tausende Menschen durch die Angriffe mit V1 ums Leben (Hellmold 1988; Dornberger 1981).