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Kausalität und quantitative Methoden II: Das Problem von „common causes“ und Scheinkausalität

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Auszug

Ein empirisch beobachtbarer Zusammenhang zwischen zwei Ereignissen kann fälschlich als kausaler Zusammenhang interpretiert werden, wenn eine gemeinsame Ursache, der beide Ereignisse ihre Existenz verdanken, übersehen wird. Dies ist in wenigen Worten das „common cause“ Problem kausaler Erklärung. Um die hieraus erwachsenden Probleme von „Scheinkorrelationen“ zu bearbeiten, wurden eine ganze Reihe von Verfahren und Techniken entwickelt, die sich zu zwei grundlegenden Ansätzen zusammenfassen lassen:

  1. Bei der Anwendung des experimentellen Ansatzes, der auf einem interventionistischen Kausalitätsverständnis beruht, versucht man, solche INUS-Bedingungen, die potentielle gemeinsame Ursachen für die hypothetisch unterstellten Ursachen- und Wirkungsereignisse repräsentieren, durch Interventionen des Untersuchers und durch Randomisierung konstant zu halten.

  2. Eine Konstanthaltung jener Bedingungen, die als common causes in Frage kommen, lässt sich auch ex post facto durch eine statistische Kontrolle aller Variablen, die solche Bedingungen repräsentieren, bewerkstelligen. Dieser „Kontrollvariablenansatz“ — dessen Basis in den 1950er Jahren mit den Arbeiten von Lazarsfeld, Simon und BLALOCK gelegt wurde — wurde in den 1970er und 1980er Jahren zu großer methodologischer Elaboration fortentwickelt und ist heute fester Bestandteil des Handwerkszeugs statistischer Modellbildung.

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Literatur

  1. Dieses lineare Diagramm ist natürlich stark vereinfacht — andere Bedingungen werden mit Z verknüpft sein, um X zu erzeugen, und wiederum andere, um Y zu bewirken; Z ist in den meisten Fällen nicht die gesamte Ursache, sondern nur eine unter vielen INUS-Bedingungen sowohl für X als auch für Y (vgl. Mackie 1974, S. 83)

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  2. welche oft als didaktisches Beispiel zur Erläuterung der Struktur sozialwissenschaftlicher Erklärungen herangezogen wird, vgl. Opp 1970/1976, S. 124 ff. oder auch Abschnitt 4.2.

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  3. Unter einer handlungstheoretischen Perspektive bedeutet ein Experiment, dass bestimmte Akteure (die Experimentatoren) nach einem von ihnen festgelegten Versuchsplan Handlungsbedingungen für andere Akteure (die Versuchspersonen) festsetzen. Zwar ist es ein Merkmal sozialer Interaktion, dass soziale Akteure einseitig oder wechselseitig Handlungsbedingungen füreinander festlegen können. Dieser Prozess beruht aber in der Regel auf normativ geregelten sozialen Beziehungen und findet (zumindest in westlichen Gesellschaften) in mehr oder weniger engen juristischen und ethischen Grenzen statt. In diesen Gesellschaften ist die Zuschreibung eines Akteursstatus in der Regel damit verbunden, dass eine Reihe von Pflichten auferlegt und Rechte zugestanden werden, die es ausschließen, dass Handlungsbedingungen völlig willkürlich durch andere Akteure verändert werden können. Im Kontext jener kulturellen, politischen, philosophischen und juristischen Traditionen, die einen solchen, an Anrechte, Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten geknüpften Akteursbegriff geprägt haben, ist bspw. ein Experiment kaum vorstellbar, bei welchem Jugendliche nach dem Zufallsprinzip auf Familien mit sehr ausgeprägtem oder sehr geringem Unterstützungsverhalten verteilt werden, um festzustellen, ob sich nach einer bestimmten Anzahl von Jahren die Suizidrate in beiden Gruppen signifikant unterscheidet. Dies ist der handlungstheoretische Hintergrund dafür, dass häufig davon gesprochen wird, dass „most sociological research is not — and, for both practical and ethical reasons cannot be — experimental in character.“ (Goldthorpe 2000, S. 5).

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  4. Saretsky (1972) hat beschrieben, wie sich dieser Prozess bei der experimentellen Einführung von leis-tungsbezogener Vergütung von Lehrkräften an Schulen ergab. Die Verbesserung der Performanz der Schüler sowohl in der Versuchs-als auch in der Kontrollgruppe führte Saretsky dabei zurück auf Befürchtungen der Lehrkräfte, dass die Einführung des veränderten Systems der Vergütung persönliche Nachteile für sie mit sich bringen könnte. Saretsky spricht hier von dem „John Henry Effekt“ unter Bezugnahme auf den Arbeiter John Henry, der, als er erfuhr, dass seine Arbeitsleistung mit der einer neu eingeführten Maschine verglichen wurde, seine Arbeitsleistung so erhöhte, dass er die der der Maschine überrunden konnte und dabei ums Leben kam.

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  5. Für die Analyse der statistischen Zusammenhänge zwischen Variablen mit diskreten Ausprägungen sind die auf dem „allgemeinen linearen Modell“ beruhenden, mittlerweile klassischen multiplen Regressionsverfahren (Arminger 1995) weiter entwickelt worden zu Methoden, die durch die Formulierung komplexer Gleichungssysteme die Güte verschiedener Hypothesen über die Gestalt kausaler Netzwerke (wobei sowohl die „Richtung“ der Kausalität als auch „latente Variablen“ berücksichtigt werden können) anhand einer Menge gegebener Daten prüfen sollen (Blalock 1985; Heise 1975; Engel, Strohe 1997 ). Für den Bereich der kategorialen Daten lassen sich log-lineare Modelle, die die Darstellung und Analyse von Zusammenhängen zwischen mehreren kategorialen Variablen in mehrdimensionalen Tabellen gestatten, für kausale Analysen nutzen (Hagenaars 1990; Andreß, Hagenaars, Kühnel 1998).

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  6. Die formale Ableitung hierfür findet sich bei Irzik (1996, S.270). Die Tatsache, dass gemeinsame Wirkungen eine Korrelation zwischen ihren Ursachen verdecken können, wurde aber bereits von einem der Begründer der Pfadanalyse, Wright, beschrieben (vgl. hierzu Irzik, Meyer 1987).

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© 2008 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

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(2008). Kausalität und quantitative Methoden II: Das Problem von „common causes“ und Scheinkausalität. In: Die Integration qualitativer und quantitativer Methoden in der empirischen Sozialforschung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91174-8_9

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-91174-8_9

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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