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Auszug

Die Eliassche Soziologie ist wesentlich auf den Begriff des „Prozesses“ gestützt.55 Elias betrachtet gesellschaftliche und individuelle Wandlungen gleichermaßen als Prozess und er verdeutlicht dies in einer wichtigen Passage in „Was ist Soziologie?“, in der es um die Entwicklung des Begriffs des Individuums geht:

„Es ist ... nicht unberechtigt, wenn man unter einem Individuum einen Menschen versteht, der sich wandelt, der nicht nur, wie man das manchmal ausdrückt, einen Prozeß durchläuft; das ist eine der Redewendungen nach dem Muster der zuvor erwähnten: ‚Der Fluß fließt‘, ‚der Wind weht‘. Obgleich es zunächst den herkömmlichen Sprach- und Denkgewohnheiten zuwiderläuft, ist es viel sachgerechter, wenn man sagt, der Mensch ist ständig in Bewegung; er durchläuft nicht nur einen Prozeß, er ist ein Prozeß. Er entwickelt sich. Und wenn wir von einer Entwicklung sprechen, dann meinen wir die immanente Ordnung der kontinuierlichen Abfolge, in der jeweils eine spätere Gestalt aus der früheren, in der etwa Jugend aus der Kindheit, Erwachsensein aus der Jugend ohne Unterbrechung hervorgeht. Der Mensch ist ein Prozeß“ (Soziologie 1970/2006, 155; Hervorh. im Original). Gesellschaften und die sie bildenden Individuen — und eben der Mensch selbst — sind für Elias prozesshaft und nicht statisch. Deshalb plädiert er für einen Wechsel von einer Zustands- zu einer Prozess-Soziologie. Soziale Prozesse werden von Elias nie unabhängig von individuellen Handlungen betrachtet; sie sind langfristige, mindestens drei Generationen umfassende Wandlungen von Figurationen: „Aus dieser ständigen Verflechtung ergeben sich immer wieder langfristige Veränderungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens der Menschen, die kein Mensch geplant und wohl auch niemand vorausgesehen hat“ (Prozesse 1986/2006, 109).

Eine Studentin in einer meiner Lehrveranstaltungen an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe brachte dies einmal auf die prägnante Formel: „Elias, der Prozess-Fan“.

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Literatur

  1. Zum Begriff und zur Theoriegeschichte von ‚Individualisierung ‘gibt es umfangreiche Fachliteratur. Als Initialzündung für die neuere Diskussion gelten die Arbeiten von Elisabeth Beck-Gernsheim und Ulrich Beck in den 1980er Jahren (vgl. Beck-Gernsheim 1983, Beck 1986 und Beck 2002). Zum Vergleich von Beck und Elias vgl. Treibel 1996; für eine Aufarbeitung von Begrifflichkeit und Theorien vgl. Schroer 2001.

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© 2008 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

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(2008). Soziale Prozesse. In: Die Soziologie von Norbert Elias. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91171-7_6

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