Auszug
Mit den Ausführungen zur Gesellschaftskonzeption der Theorie kommunikativen Handelns sollte deren normative Grundannahme für das Verständnis der modernen Gesellschaft deutlich geworden sein. Diese liegt darin, dass die Entwicklung zur Moderne nicht nur eine Ausdifferenzierung der Gesellschaft mit sich gebracht hat, sondern zugleich auch die Möglichkeit, die systemischen Integrationsmechanismen der gesellschaftlichen Subsysteme an die in der Lebenswelt bestehenden Bedingungen der vorbehaltlosen Verständigung anzubinden. Während diese normative Grundannahme in der „Theorie des kommunikativen Handelns“ vor allem darin zum Ausdruck kommt, dass Habermas meint, die Lebenswelt bleibe für die Gesellschaft als Ganze bestimmend, erfährt sie in Habermas’ Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaates eine weitere Ausarbeitung. In der Einleitung zu „Faktizität und Geltung“ führt Habermas an, dass er die über das kommunikative Handeln begründete Möglichkeit der gesamtgesellschaftlichen Integration zum einen in den „Zeugnissen eines universalistischen Moralbewusstseins“ und zum anderen in den „freiheitlichen Institutionen des demokratischen Rechtsstaats“ gewährleistet sieht.1 Er macht dabei auch deutlich, dass es das ausdrückliche Anliegen seiner Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaates sei, ein über den „normativen Eigensinn“ des kommunikativen Handelns begründetes Gesellschafts- respektive Demokratieverständnis zu begründen:
„Die Diskurstheorie ist ein Versuch, dieses [moderne, I. F.-G.] Selbstverständnis so zu rekonstruieren, daß es seinen normativen Eigensinn gegenüber szientistischen Reduktionen wie gegenüber ästhetischen Assimilationen behaupten kann.“2
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Literatur
Vgl. Habermas, FuG, S.11.
Ebd. Dabei schreibt Habermas die „szientistischen Reduktionen“ Luhmann zu und hält Derrida die „ästhetischen Assimilationen“ vor. Vgl. ebd. sowie N. Luhmann (1992), Beobachtungen der Moderne, Opladen und J. Derrida (1991), Gesetzeskraft. Der ‚mystische Grund der Autorität‘, Frankfurt a. M.
Vgl. Habermas, TdkH, Bd. 1, S. 387.
Vgl. ebd., S. 394; die Hervorhebung entspricht dem Original.
Vgl. J. Habermas (1988), Die Einheit der Vernunft in der Vielfalt ihrer Stimmen, in: ders., Nachmetaphysisches Denken, Frankfurt a. M., S. 153–186, S. 184.
Vgl. K.-O. Apel (1973), Transformation der Philosophie, 2 Bände, Frankfurt a. M.
D. Hume (1739–40/1989), Ein Traktat über die menschliche Natur, Bd. 2, Hamburg, S. 211f.
Vgl. Eckensberger & Gähde, Ethische Normen und empirische Hypothese, S. 7.
Vgl. R. Descartes (1641/1993), Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, Hamburg.
Vgl. I. Kant (1787/1974), Kritik der reinen Vernunft, Bd. III der Werkausgabe hrsg. von W. Weischedel, Frankfurt a. M., S. 25f.
Vgl. I. Kant (1785/1974), Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, in: Bd. VII der Werkausgabe hrsg. von W. Weischedel, Frankfurt a. M., S. 7–102, S. 58f. Wie bereits in der Auseinandersetzung mit Rousseaus Abhandlung „Zum Gesellschaftsvertrag“ angeführt, systematisiert Kant damit die auch von Rousseau verfolgte Strategie der Begründung einer „rein“ normativen Theorie. Vgl. oben Kapitel A.
Vgl. Habermas, TdkH, Bd. 1, S. 81 sowie Bd. 2, S. 143.
Vgl. K.-O. Apel (1990), Faktische Anerkennung oder einsehbar notwendige Anerkennung? Beruht der Ansatz der transzendentalpragmatischen Diskursethik auf einem intellektualistischen Fehlschluß?, wieder abgedruckt in: ders., Auseinandersetzungen in Erprobung des transzendentalpragmatischen Ansatzes, Frankfurt a. M. 1998, S. 221–280, S. 269.
Vgl. K.-O. Apel (1973), Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft und die Grundlagen der Ethik, in: ders., Transformation der Philosophie, Bd. 2, Frankfurt a. M., S. 358–435, S. 422.
Vgl. J. Habermas (1983), Diskursethik — Notizen zu einem Begründungsprogramm, in: ders., Moralbewußtsein und kommunikatives Handeln, Frankfurt a. M., S. 53–125.
Vgl. K.-O. Apel (1979), Warum transzendentale Sprachpragmatik? Bemerkungen zu H. Krings: ‚Empirie und Apriori. Zum Verhältnis von Transzendentalphilosophie und Sprachpragmatik‘, wieder abgedruckt in: ders., Auseinandersetzungen in Erprobung des transzendentalpragmatischen Ansatzes, Frankfurt a. M. 1998, S. 195–220, S. 203 sowie J. Habermas (1983), Die Philosophie als Platzhalter und Interpret, in: ders., Moralbewuütsein und kommunikatives Handeln, Frankfurt a. M., S. 9–28, S. 23.
Vgl. Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 361.
Vgl. ebd.
Ebd., S. 362.
Vgl. ebd.
Vgl. ebd., S. 362f.
Vgl. ebd., S. 363.
Ebd., S. 405.
Vgl. H. Albert (1968/1991), Traktat über kritische Vernunft, Tübingen.
Vgl. Albert, Traktat über kritische Vernunft, S. 15 und Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 405.
Vgl. Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 405f.
Ebd., S. 406; die Hervorhebungen entsprechen dem Original.
Vgl. H. Lenk (1970), Logikbegründung und Rationaler Kritizismus, in: Zeitschrift für philosophische Forschung 24, S. 183–205, S. 203.
Vgl. Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 410; die Hervorhebung entspricht dem Original.
Vgl. ebd., S. 406.
Vgl. Apel, Faktische Anerkennung oder einsehbar notwendige Anerkennung?, S. 235; die Hervorhebung entspricht dem Original.
Vgl. Habermas, Diskursethik, S. 105; die Hervorhebung entspricht dem Original.
Vgl. Apel, Faktische Anerkennung oder einsehbar notwendige Anerkennung?, Fußnote 28, S. 237f und K.-O. Apel (1997), Dialog mit Karl-Otto Apel, in: SIC et NON; Text unter: http://www.archiv.sicetnon.org/artikel/aktuelles/apel.htm.
J. Habermas (1965), Erkenntnis und Interesse, wieder abgedruckt in: ders., Technik und Wissenschaft als ‚Ideologie‘, Frankfurt a. M. 1968, S. 146–168, S. 163; die Hervorhebungen entsprechen dem Original.
Vgl. Habermas, Diskursethik, S. 107.
Vgl. Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 412ff und S. 420ff.
Vgl. Habermas, Diskursethik, S. 53–125.
Vgl. ebd., S. 106f.
Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 420f.
Ebd., S. 400.
Vgl. ebd., S. 431f.
Vgl. Habermas, Diskursethik, S. 73 und S. 103f.
Vgl. ebd., S. 103; die Hervorhebung entspricht dem Original.
Ebd.
Ebd.
Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 414; die Hervorhebungen entsprechen dem Original.
Vgl. Apel, Faktische Anerkennung oder einsehbar notwendige Anerkennung?, S. 237ff.
Ebd., S. 245.
Vgl. ebd., S. 247f.
Vgl. ebd., S. 275.
Vgl. ebd., S. 246f.
Vgl. ebd., S. 277.
Vgl. Habermas, Diskursethik, S. 109f.
Vgl. ebd., S. 96.
Ebd., S. 104.
Vgl. ebd., S. 110.
Vgl. Apel, Warum transzendentale Sprachpragmatik?, S. 215; eigene Hervorhebung.
Vgl. Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 423.
Ebd., S. 431.
Ebd., S. 432; die Hervorhebungen entsprechen dem Original.
Vgl. ebd., S. 359.
Apel, Warum transzendentale Sprachpragmatik?, S. 216.
Vgl. Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 432 und J. Habermas (1971), Vorbereitende Bemerkungen zu einer Theorie der kommunikativen Kompetenz, in: J. Habermas & N. Luhmann, Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie, Frankfurt a. M, S. 101–141.
Vgl. Apel, Warum transzendentale Sprachpragmatik?, S. 216f und ders., Faktische Anerkennung oder einsehbar notwendige Anerkennung?, S. 257f und S. 275. Mit dem Begründungsteil B der Ethik wehrt sich Apel zugleich gegen den Vorwurf, die Diskursethik sitze einem „intellektualistischen Fehlschluss“ auf. Diesem Vorwurf zufolge begründet die Diskursethik eine Form der Handlungsorientierung, die keine wirkliche moralische Relevanz habe, weil sie in Bezug auf ein bereits bestehendes gemeinsames Handlungsziel instrumentell zweckmäßig sei. Die Normen des argumentativen Diskurses stellten somit lediglich hypothetische Imperative im Sinne Kants dar. Vgl. ebd., S. 223f und S. 263ff und Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 43.
Vgl. Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 430f.
Vgl. Apel, Faktische Anerkennung oder einsehbar notwendige Anerkennung?, S. 279.
Vgl. ebd., S. 261. Im Unterschied dazu gibt Karl-Heinz Ilting fünf Stufen der Ethikbegründung an. Vgl. K.-H. Ilting (1982), Der Geltungsgrund moralischer Normen, in: W. Kuhlmann & D. Böhler (Hg.), Kommunikation und Reflexion. Zur Diskussion der Transzendentalpragmatik, Frankfurt a. M., S. 612–648.
Vgl. Apel, Faktische Anerkennung oder einsehbar notwendige Anerkennung?, S. 278f.
Vgl. ebd., S. 279. Ähnlich Habermas, der in seinen Notizen zu einem Begründungsprogramm der Diskursethik anführt, der Skeptiker der Diskursethik dramatisiere die Schranken, die sich ihrer begrenzt realisierten Geltung im Rahmen der Geschichte böten. Vgl. Habermas, Diskursethik, S. 116.
Vgl. E.-M. Engels (1993), George Edward Moores Argument der ‚naturalistic fallacy ‘in seiner Relevanz für das Verhältnis von philosophischer Ethik und empirischen Wissenschaften, in: L. H. Eckensberger & U. Gähde (Hg.), Ethische Norm und empirische Hypothese, Frankfurt a. M., S. 92–132.
Vgl. G. E. Moore (1903/1970), Principia Ethica, Stuttgart, S. 98; die Hervorhebung entspricht dem Original.
Vgl. Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 417; I. Kant (1788/1974), Kritik der praktischen Vernunft, in: Bd. VII der Werkausgabe hrsg. von W. Weischedel, Frankfurt a. M., S. 103–302.
Vgl. Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 422.
Habermas, Die Einheit der Vernunft und die Vielfalt ihrer Stimmen, S. 184.
Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 429.
Ebd.; die Hervorhebungen entsprechen dem Original.
Vgl. Apel, Warum transzendentale Sprachpragmatik?, S. 209; eigene Hervorhebung.
J. G. Fichte (1804/1908), Die Wissenschaftslehre, in: Werke, Bd. 4, hrsg. von Fritz Medicus, Leipzig, S. 165–392, S. 206; die Hervorhebungen entsprechen dem Original.
Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 419.
Vgl. Apel, Faktische Anerkennung oder einsehbar notwendige Anerkennung?, S. 256f und Habermas, TdkH, Bd. 1, S. 9.
Vgl. Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 419.
Vgl. Habermas, Die Einheit der Vernunft in der Vielfalt ihrer Stimmen, S. 184.
Vgl. dazu Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 58f.
Vgl. Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 417f.
Vgl. Moore, Principia Ethica, S. 39f.
Vgl. Apel, Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, S. 426.
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(2008). Das philosophische und das soziologische Gesellschaftsverständnis. In: Konsens als normatives Prinzip der Demokratie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91170-0_5
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