Auszug
Im heutigen Iran lässt sich der Vorgang der Instrumentalisierung von Religion für politische Zwecke gut beobachten, und zwar als ein Kultur- und Machtkonflikt zwischen den Generationen und gleichzeitig zwischen einem wandlungsunfähigen Regime von alten Männern, die sich „oberste Rechtsgelehrte“ nennen und jede demokratische Legitimation ihrer Allmachtposition mit Hinweis auf die Religion verpönen, und einer aufmüpfigen Jugend als Teil der kulturellen Globalisierung, die ihre Entmündigung unter Berufung auf universell gültige Menschenrechte ablehnt. So hat z.B. die Iranerin Nasrin Alawi im Jahr 2005 in einer bewegenden Gesellschaftsanalyse „Wir sind der Iran. Aufstand gegen die Mullahs — die junge persische Weblog-Szene“ das Bild einer starken Hybridkultur bei der rebellischen urbanen akademischen Jugend Teherans (mit seinen 1500 Internet-Cafés) präsentiert. Trotz des Verbotes von Unterhaltungsmusik durch das Mullah-Regime habe sich im Iran eine vitale Rock- und Popmusikszene im Untergrund herausgebildet, die sich über das Internet verbreitet. „Das Internet ist das Tor zur Musikwelt und zum Westen...In mehr als 64.000 Weblogs (Internettagebüchern) schreiben Iraner über Alltägliches, über Liebe, Stars, Partys, Politik, Schleierzwang...Vor allem die Jugend arrangiert sich zwar öffentlich mit den Umständen, privat aber lebt sie Westen pur.“ (Schabnam Tafazoli 2005; Alavi 2005; siehe auch Reza Hajatpour 2005). Es ist der Triumph der westlichen Freiheitsidee unter dem Schleier bornierter Repression.
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© 2008 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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(2008). Die islamistische Herausforderung und der Iran: der kulturelle Stillstand im Namen der Religion oder die politische Indienstnahme des Kulturellen. In: Afrika in der Globalisierungsfalle. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91169-4_8
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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