Auszug
Mein Ziel ist es, im Rahmen der vorliegenden Arbeit anhand der praktischen Anwendung von Computersimulationsprogrammen zu zeigen, dass diese Programme für sozialwissenschaftliche und insbesondere sozialpädagogische Problemstellungen adäquate Analyse- und Steuerungsinstrumente darstellen. Diese Programme sind mir durch die Forschungsgruppe COBASC — Computer Based Analysis of Social Complexity — um Klüver näher gebracht worden, die sich seit Jahren mit diesen Simulationstechniken beschäftigt und zahlreiche Programme selbst entwickelt hat. Die Ergebnisse der Forschungen dieser Gruppe sind zum überwiegenden Teil in verschiedenen Publikationen dokumentiert worden.
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Literatur
Das Problem bei solch homogenen Gruppen ist, dass die sozialisatorischen Einflüsse des Herkunftsmilieus reproduziert werden. Die Gruppenkohäsion wird in diesen Gruppen unterstützt, die Optionsvielfalt für Interaktionen ist dort aber eingeschränkt. (vgl. Kühnel/ Matuschek 1995, S. 129). Sind die Gruppenmitglieder also in einem Gewalt begünstigendem Milieu aufgewachsen, werden Gewaltinteraktionen in einem entsprechend homogenen Gruppenumfeld zur Norminteraktion.
Diese Aussage konkretisiert lediglich die sinnvolle methodische Sichtweise, ein Individuum nicht isoliert zu betrachten, sondern als ein „dynamisches System, das seine Dynamik in Interaktion mit einer bestimmten sozialen Umwelt generiert“ (Klüver u. a. 2006, S. 293). Das „=“-Zeichen habe ich hier durch ein „≈“-Zeichen ersetzt, da sich die Ursachenabhängigkeit vom sozialen Milieu, von Systemprozessen natürlich nicht exakt quantifizieren lässt.
Aus der Ursachenlast entstehen Gewaltinteraktionen aber erst dadurch wirklich, indem die Ursachenlast in eine Motivation des Einzelnen zu Gewaltverhalten übergeht. Dies ist dann der Fall, wenn die kollektiven Verhaltensrückmeldungen den Erfolg von Gewalt immer wieder bewusst machen. Dies würde bedeuten, dass Ursachen und Motive letztlich auch keine eigenständigen, trennbaren Größen sind, sondern, dass sie ineinander übergehen: Aus Ursachen können also Motive werden und umgekehrt. Bezug nehmend auf die methodische Unterscheidungsdefinition von Ursachen und Motiven („Weil-Erklärungen“ / „Um — Zu — Erklärungen“) von Schütz (1971), müsste diese Definition demnach entsprechend erweitert bzw. angepasst werden. Dies soll hier aber nicht weiter interessieren, diese Hypothese wird jedoch das ein oder andere Mal im weiteren Verlauf wieder aufgegriffen, da die verwendeten Simulationsprogramme sowohl Interaktionsursachen wie auch Interaktionsmotive gleichzeitig als Basis verarbeiten können — sie also nicht unnötig trennen (vgl. Kap. 7).
Dies ist schon in einer Arbeit von Bohnsack zum Wirkungszusammenhang Gruppendynamik und Gewaltverhalten eindrucksvoll realisiert worden. (vgl. Bohnsack 1995). Ferner bestätigt auch die Studie von Willems u.a. empirisch, dass 93,8 % fremdenfeindlicher Straf-und Gewalttaten als Gruppentaten einzustufen sind (vgl. Willems u.a. 1993, S. 99).
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© 2008 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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(2008). Einleitung. In: Computersimulationen und sozialpädagogische Praxis. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91090-1_1
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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