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Internationale Organisationen: Von Instrumenten zu Akteuren

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Auszug

Obwohl sich Theorien Internationaler Beziehungen schon recht früh — etwa seit den 1920er Jahren — mit internationalen Organisationen beschäftigten (Woolf 1916), dominieren in der Theoriebildung die Konzeptualisierung von Staaten und zwischenstaatliche Beziehungen.18 Im Regelfall werden Staaten als rational-eigennützig handelnd und nach Sicherheits- und Machtmaximierung strebend beschrieben.19 Internationale Organisationen werden dann konzeptionell einbezogen, wenn es um Kooperationen zwischen Staaten geht. In diesem Zusammenhang haben internationale Organisationen eine unterstützende Funktion, indem sie qua ihrer Existenz die zwischenstaatliche Zusammenarbeit institutionalisieren und Staaten ein Forum für Verhandlungen bieten, ohne dabei selbst in Erscheinung zu treten.

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Literatur

  1. Als Ausnahme ist eine in theoretischer Hinsicht produktive Phase in den 1960er Jahren, die vor allem in Zusammenhang mit dem Europäischen Integrationsprozess steht (Bellers/ Häckel 1990: 292ff), zu nennen.

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  2. Selbst in sozial-konstruktivistischen Arbeiten, die konstatieren, dass Staaten sich nicht ausschließlich rationaleigennützig verhalten, sondern auch einer Logik der Angemessenheit folgen und von internationalen Normen leiten lassen (Wendt 1987; Wendt 1992), so handeln Staaten eingebettet in diese Struktur eigennützig (Ferguson/Mansbach 2004: 49; siehe auch unten).

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  3. Hier geht es beispielsweise um die Frage, ob internationale Organisationen Rechtssubjekte im Sinne des Völkerrechts sind (Klein 2004: 283).

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  4. Im Hinblick auf die WTO wird beispielsweise der Schutz geistiger Eigentumsrechte im Rahmen der Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum (TRIPs) untersucht und analysiert, unter welchen Umständen man von einem Verstoß sprechen kann und welche Sanktionsmöglichkeiten es bei Verstößen gibt (Staehelin 1997). Für Aufsehen hat in diesem Zusammenhang das 1997 von der südafrikanischen Regierung verabschiedete Gesetz gesorgt, das den Import kostengünstiger Medikamente und den Gebrauch von Nachahmerpräparaten (im speziellen Fall von AIDS-Medikamenten) erlaubte. Daraufhin erhoben 39 Pharmaunternehmen Klagen gegen die südafrikanische Regierung. Erst vier Jahre später wurden nach weltweiten Protesten die Klagen zurückgezogen und das von der südafrikanischen Regierung verabschiedete Gesetz konnte in Kraft treten. Im November 2001 verabschiedete die vierte Ministerrunde der WTO die Declaration on TRIPs and Public Health. Danach sollen die TRIPs-Abkommen der allgemeinen Gesundheitsvorsorge dienen und den Zugang zu bereits existierenden Medikamenten erlauben. Die flexiblen Mechanismen der TRIPs sollten besser genutzt werden und den am wenigsten entwickelten Ländern wurden Ausnahmeregelungen für den pharmazeutischen Patentschutz bis 2016 eingeräumt (American Society of International Law 2003).

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  5. Nach Brownlie (1991) lässt sich gemäß der internationalen Rechtsordnung Völkerrechtsfähigkeit immer dann unterstellen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind: „1. a permanent association of states, with lawful objects, equipped with organs; 2. a distinction, in terms of legal powers and purposes, between the organisation and its member states; 3. the existence of legal powers exercisable on the international plane and not solely within the national systems of one or more states“ (Brownlie 1991:681f). Prominentes Beispiel hierfür ist die Europäische Gemeinschaft, die als regional begrenzte internationale Organisation Abkommen unterzeichnet, die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft Rechtsgültigkeit erlangen. Die Europäische Union kann beispielsweise mit anderen Staaten und internationalen Organisationen rechtlich verbindliche Verträge abschließen. Sie macht von diesem Recht sowohl bei der Unterzeichnung von Assoziierungsabkommen als auch bei der Gründung des Europäischen Wirtschaftsraums 1992 Gebrauch.

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  6. Beide Autoren streben eine quantitative Erhebung und einen Vergleich von internationalen Regierungsorganisationen und ihren Mitgliedern an. Sie bestimmen dazu die Anzahl internationaler Organisationen in 30 Fünf-Jahres-Abschnitten von 1815–1964. Die Autoren kritisieren, dass es zwar eine Vielzahl an Arbeiten gebe, die über die Entwicklung internationaler Organisationen berichten, dass diese aber selten übereinstimmen und wenn sie übereinstimmen, dann nur weil die Daten unhinterfragt übernommen werden. Schwerer wiegt aber, dass „non of them articulated the criteria which guided the authors in their compilations; without such explicit operations one could have little confidence in the reliability of the data“ (Wallace/ Singer 1970: 243). In diesem Zusammenhang bemängeln die Autoren auch, dass bisweilen nicht klar wird, nach welchen Kriterien IGOs als solche erhoben wurden. „[T]he criteria for the selection of organizations or the specificaton of membership explicitly and carefully spelled out, and on inspection it was clear that different rules had been used from year to year and even from page to page“ (Wallace/Singer 1970: 245). Wenngleich die Arbeit von Wallace und Singer bereits mehr als 30 Jahre zurückliegt, behält ihre Kritik bis heute Gültigkeit und beschreibt ein Forschungsdesiderat. Denn obwohl in zahlreichen Arbeiten zu internationalen Organisationen auf die gestiegene Anzahl und die Entwicklung ihrer Mitgliedschaft abgestellt wird, bleibt unklar, auf welche Daten und Informationen sich die Arbeiten beziehen bzw. wie diese erhoben wurden (siehe stellvertretend für viele andere: Rittberger/Zangl 2003: 84–87).

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  7. Wallace und Singer sprechen dann von „qualifizierten Mitgliedern“, wenn nationale politische Einheiten nationale Souveränität und eine Mindestbevölkerung von 500.000 Einwohnern haben sowie durch das Vereinigte Königreich und Frankreich diplomatisch anerkannt sind. Für die Phase nach dem Versailler Vertrag verzichten die Autoren auf eine Mindestbevölkerung und fordern nur noch die Anerkennung durch einen der beiden Staaten oder die Mitgliedschaft im Völkerbund bzw. der UN (Wallace/ Singer 1970: 249).

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  8. Die Zusammensetzung internationaler Organisationen durch Regierungs-und Nicht-Regierungsvertreter wird auch in völkerrechtlichen Publikationen reflektiert (White 1996: 27ff).

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  9. Die UN wird als eine solche Schirm-Organisation (umbrella organization) bezeichnet, da sie neben Mitgliedstaaten auch noch spezialisierte internationale Organisationen enthält, die als Mitglieder des UN-Systems verstanden werden können (Union of International Associations 2005b). Ahrne und Brunssson reservieren für diese Form von Organisation den Begriff Meta-Organisation (Ahrne/Brunsson 2005a).

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  10. Als Richtwert für die räumliche Verbreitung der Mitglieder wird angenommen, dass Organisationen mit universeller Mitgliedschaft Mitglieder in mindestens 60 Ländern haben sollten oder wenigstens in 30 Ländern, wobei vorausgesetzt wird, dass das Verhältnis zwischen den Kontinenten ausgeglichen ist (Union of International Associations 2005b).

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  11. Wallace und Singer sprechen zwar nicht explizit von einem Vertrag oder einer schriftlich fixierten Vereinbarung als Gründungsdokument, gehen aber ebenfalls davon aus, dass es einen zumindest bilateralen Akt zwischen qualifizierten Mitgliedern gegeben haben muss, in dem die Errichtung einer internationalen Organisation beschlossen wird und durch den ein Sekretariat — zumindest in Interimsform — ins Leben gerufen wird (Wallace/ Singer 1970: 247).

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  12. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass auch internationale Organisationen selbst zu Mitgliedern anderer internationaler Organisationen werden können, geht deren Mitgliedschaft in letzter Konsequenz auf Staaten zurück. In pointierter Form schreibt Joyner: „Put simply, states create legal rules through international organizations; states break these rules in spite of their commitments; [...] international law created through the United Nations and other international organizations can only be as strong as their member states are willing to make them“ (Joyner 2005: 104).

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  13. Abhängig von der Definition kommen andere Quellen zu anderen Ergebnissen (kritisch dazu: Wallace/ Singer 1970). Allerdings würden auch andere Quellen das quantitative Wachstum internationaler Organisationen belegen.

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  14. Als erste internationale Organisationen werden zumeist die Flusskommissionen für Rhein (1815) und Donau (1856), die International Telegraphen Union (1865) oder der Weltpostverein (1874) genannt.

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  15. John H. Herz beschreibt das Sicherheitsdilemma folgendermaßen: „Gruppen oder Individuen, die in einer derartigen [anarchischen Gesellschaft, MK], eines Schutzes ‚von oben ‘entbehrenden Konstellation leben, müssen um ihre Sicherheit vor Angriffen, Unterwerfungen, Beherrschung oder Vernichtung durch andere Gruppen oder Individuen fürchten, eine Besorgnis, die sich aus der Sachlage selber ergibt. Und in dem Streben nach Sicherheit vor solchen Angriffen sehen sie sich gezwungen, immer mehr Macht zu akkumulieren, nur um der Macht der anderen begegnen zu können. Dies wiederum macht die anderen unsicher und zwingt sie, sich auf ‚das Schlimmste ‘vorzubereiten. Da sich in einer Welt derart konkurrierender Einheiten niemand je ganz sicher fühlen kann, ergibt sich ein Wettlauf um die Macht, und der Teufelskreis von Sicherheitsbedürfnis und Machtanhäufung schließt sich“ (Herz 1974: 39).

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  16. Dieses Prinzip und die daraus abgeleiteten Maßnahmen (siehe ausführlich dazu in Kapitel 5.1.) können als Grundlage für die Binnenschifffahrt in Europa verstanden werden. Der einheitliche Rheinschifffahrtsmarkt symbolisiert damit den Kern eines großen Einheitsmarktes der Europäischen Binnenschifffahrt. So orientieren sich auch andere Flusskommissionen an der Rheinschifffahrtskommission, beispielsweise die Flusskommissionen für die Elbe (1821), für die Weser (1823), für die Maas (1830), für die Donau (1856), die in den nachfolgenden Jahren gegründet wurden. Sie ist aber auch Vorbild für außereuropäische Flusskommissionen, wie beispielsweise für den Kongo (1885), dazu Weber 1983: 21–24.

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  17. So unterscheidet Archer die Literatur zu internationalen Organisationen in drei Perspektiven: die realistische, die reformistische und die radikale. Unter den realistischen Ansätzen werden die klassisch realistische und neorealistische Ansätze summiert; unter den reformistischen Ansätzen werden die völkerrechtliche, internationalgovernance-, funktionalistische, neofunktionalistische, transnationalistische Ansätze und die Interdependence-Forschung subsummiert. Die Radicals werden intern differenziert zwischen strukturalistischen (marxistische und Dritte-Welt-Ansätze), kritischen (kritische Theorie, feministische und post-moderne Ansätze) und globalistischen Anschauungen unterteilt (Archer 2001: 112–173). Dagegen unterscheiden Rittberger und Zangl zwischen einer rationalistischen (Realismus und Neorealismus), einer institutionalistischen (Föderalismus, Funktionalismus, Neofunktionalismus, Transaktionismus, Interdependenzanalyse und Neoinstitutionalismus) und einer idealistischen Theorieschule (normativer Idealismus und Sozialkonstruktivismus) (Rittberger/Zangl 2003: 33–48). Karns und Mingst unterscheiden vier Typen von Theorieperspektiven im Hinblick auf die Untersuchung internationaler Organisationen in der Global-Governance-Forschung: Liberalismus, Realismus, Konstruktivismus und kritische Theorien (Karns/Mingst 2004: 35–60).

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  18. Morgenthau prägt in diesem Zusammenhang das Konzept der balance of power, das das Ziel einer idealen Außenpolitik sein sollte (Morgenthau 1985: 10). Wenngleich selbst das Gleichgewicht der Mächte kein Garant für einen dauerhaften Frieden ist (Morgenthau 1985: 187–197; Morgenthau 1963: 178–197). Vielmehr ist einzig die Moral in der Lage, das Machtstreben einzuschränken (Morgenthau 1985: 241ff, 347ff; Jacobs 2003: 49f, 53f; Carr 2001: 146–169).

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  19. Diese These hat auch dann Bestand, wenn ein Staat seine hegemoniale Machtstellung einzubüßen droht. Keohane (1984) hat diesem Aspekt ausführlich in „After hegemony“ erörtert und wendet sich damit gegen die neorealistische Annahme, dass die Gründung und der Bestand einer internationalen Organisation nur dann gesichert sind, wenn es eine Hegemonialmacht gibt, die bereit ist, die Kosten für die Errichtung und den Erhalt einer internationalen Organisation überproportional zu tragen. Neorealistische Ansätze gehen weiter davon aus, dass, sollte die Hegemonialmacht ihre Stellung einbüßen, automatisch die Auflösung der internationalen Organisation droht (Gilpin 1981; Keohane 1984).

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  20. Woolf erörtert in seinem Bericht die Möglichkeiten eines Weltstaats bzw. einer internationalen Regierung (international government) und beschreibt die Architektur dieser Regierungsform, die als Ordnungsstruktur für Staaten fungieren sollte (Woolf 1916). Wilsons 14 Punkte-Programm stellt das US-amerikanische Bestreben dieser Epoche dar, Außenpolitik nicht nur nach Maßstäben des Eigennutzes und Selbstinteresses zu betreiben, sondern sie auf die Grundlage der Moral und Ethik zu stützen. Diese Idee sollte nach Wilsons Auffassung auch Grundlage der Außenpolitik aller demokratischen Völker sein (Link 1984).

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  21. Ähnlich dazu auch Woolf (1916).

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  22. In Abhängigkeit von wahrgenommen Problemlagen wird von Staaten entschieden, welche Form die konkreten Aufgaben am besten erfüllt — d.h. die Form resultiert aus der Funktion (Mitrany 1943).

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  23. Hierfür ist die Entwicklung der Europäischen Kommission ein gutes Beispiel, deren Status als internationale Organisation gegenüber den Mitgliedstaaten im Laufe der Jahre kontinuierlich ausgebaut wurde. Die Entwicklung zu einer supranationalen Organisation ist eine entscheidende Voraussetzung für weitere Integrationsschritte innerhalb Europas (Haas 1968b).

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  24. Dieses spill-over-Modell, das einen stetig zunehmenden Integrationsprozess suggeriert, wurde von Schmitter erweitert, der neben spill-over auch spill-around, spill back, buildup etc. unterscheidet und damit auch nichtlineare Integrationsprozesse zu modellieren vermag ( Schmitter 1970: 844ff).

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  25. Es gibt auch neofunktionalistische Arbeiten, die Integrationsprozesse in anderen Weltregionen nachzuzeichnen versucht haben. Diese führt dann allerdings dazu, verschiedene Bedingungen und Hintergrundvariablen zu identifizieren, durch die Integration gelingen kann und die im europäischen Fall besonders günstig ausgeprägt sind, wie z.B. eine pluralistische Gesellschaftsstruktur, hoch entwickelte Volkswirtschaften und eine weitgehende politische und ideologische Übereinstimmung (Haas 1961; Haas/Schmitter 1964). Haas hat in einer späteren Arbeit eingestanden, dass neofunktionalistische Ansätze nur bedingt auf andere Gemeinschaften übertragbar sind (Haas 1970: 613ff).

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  26. Ähnliche Kritik üben auch Vertreter des liberalen Intergouvernementalismus, wonach neofunktionalistische Ansätze den Einfluss der Mitgliedstaaten auf den Integrationsprozess unterschätzen und divergierende Interessen der Mitgliedstaaten zu wenig konzeptionell berücksichtigen. Der Intergouvernementalismus orientiert sich am Neorealismus und betont den Einfluss der Mitgliedstaaten auf den Europäischen Integrationsprozess, die diesen nach ihren Interessen mitgestalten wollen. Diese Interessen sind wiederum durch innerstaatliche Akteure geprägt und können daher abhängig vom jeweiligen Mitgliedstaat variieren (Moravcsik 1998; Moravcsik 1991). Obwohl der Intergouvernementalismus Erklärungen für den Einfluss der Mitgliedstaaten auf die supranationale Ebene bereitstellt, übersieht er zweierlei: Erstens lassen sich die Alltagsprozesse im Europäischen Regieren nicht fassen, weil beispielsweise Entscheidungsfindungsprozesse in supranationalen Organe unberücksichtigt bleiben. Zweitens erklärt der Intergouvernementalismus nicht, wie sich die Interessen von Staaten verändern. Diese werden fixiert, ohne zu einzubeziehen, dass sie sich im Rahmen des Europäischen Integrationsprozesses ändern können.

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  27. Der Begriff Global-Governance wird im Deutschen mit komplementären Begriffen, wie Weltordnungspolitik, komplexes Weltregieren (Zürn 1998: 27ff, 294ff) oder Weltinnenpolitik (Senghaas 1992) übersetzt. Insbesondere die Begriffe der Weltinnenpolitik oder der globalen Innenpolitik sind insofern problematisch, als sie der Begriffslogik folgend einen Weltstaat voraussetzen (Menzel 2004: 172). Nicht zuletzt um Verwirrungen vorzubeugen und sicherzustellen, dass man über denselben Gegenstand spricht, übernehmen die meisten deutschsprachigen Arbeiten den englischen Terminus (Nuscheler 2002: 71).

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  28. Brühl und Rittberger führen hier an, dass beispielsweise Entscheidungsfindungsprozesse in der UNO seit dem Zusammenbruch des Ostblocks nicht mehr durch das Veto des einen oder anderen Blocks behindert werden. Als eine Folge dieser Entwicklung wurden die Jurisdiktionen internationaler Organisationen — hier zum Beispiel der WTO — substanziell gestärkt und ausgebaut (Brühl/ Rittberger 2001: 2f).

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  29. An dieser Stelle kann man exemplarisch an die Protestwelle gegen den Coca-Cola Konzern denken, die sich von US-amerikanischen Universitäten ausgehend über Universitäten in anderen Staaten zu einer transnationalen Protestwelle ausbreitete. Die Vorwürfe beziehen sich auf Berichte von Umweltschutz-und Menschenrechtsorganisationen, die den Konzern beschuldigen, Umweltschäden in Indien durch Pestizideinsatz und Senkung des Grundwasserspiegels hervorzurufen (India Resource Center) bzw. für die Unterdrückung von Arbeitern in Abfüllanlagen in Kolumbien bzw. für die Ermordung von sieben Gewerkschaftsmitgliedern verantwortlich zu sein (Corporate Accountability International) (Grieshaber 2006). Erstaunlich ist auch, dass der mittel-und langfristige Imageschaden in diesem Fall für den Konzern weitaus besorgniserregender ist als die wirtschaftlichen Umsatzeinbußen durch den Boykott.

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  30. Dazu wird auf die Arbeit Berger und Luckmanns verwiesen, die die soziale Konstruktion der Realität untersucht haben. Diese Idee der sozialen Konstruktion der Wirklichkeit wird auf die internationalen Beziehungen übertragen (Berger/ Luckmann 1967). Wendt stellt dementsprechend in Frage, dass Anarchie in der Staatenwelt per se gegeben ist und formuliert stattdessen — der Tradition von Berger und Luckmann folgend — die These, dass Anarchie das ist, was Staaten daraus machen. Man kann also mithin nicht annehmen, dass die zwischenstaatlichen Beziehungen (qua ihrer strukturellen Natur) durch Anarchie geprägt sind (Wendt 1992).

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  31. Die Einbettung von Regeln in internationale Organisationen und deren Überwachung bzw. Sanktionierung von Regelbrüchen wird von Goldstein, Kahler, Keohane und Martin auch als Legalisierung beschrieben. Legalisierung ist definiert als „the degree to which rules are obligatory, the precision of those rules, and the delegation of some functions and interpretation, monitoring, and implementation to third parties“ (Goldstein/ Kahler et al. 2000: 387). Diese Dritten sind internationale Organisationen, in die die internationalen Normen eingebettet werden.

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  32. Bislang hat der UNHCR jedoch kein formales Mandat hierfür erhalten und beschäftigt sich daher informell mit diesem Thema (Maynard 1982; Freitas 2004).

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  33. Zur ausführlichen theoretischen Beschreibung der politischen Gelegenheitsstruktur siehe Joachim (2004).

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  34. Als weiteren Faktor nennt Joachim die organisationseigenen Mobilisierungsstrukturen, die sich auf drei Ebnen ausprägen: als Entrepreneur, als eine internationale Basis und als Experten in bestimmten Fachfragen (Joachim 2004).

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  35. Freilich diffundieren Normen nicht nur in Staaten, sondern beispielsweise auch zwischen internationalen Organisationen oder NGOs, man denke z.B. an die Ausbreitung von Entwicklungsvorstellungen und-paradigmen, die sich jenseits von Weltbank und UNDP auch auf anderen internationale Organisationen ausgedehnt hat (Rist 2006). Die Forschung in den Internationalen Beziehungen beschränkt sich jedoch zumeist auf die Verbreitung in Staaten.

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  36. Im Falle des Internationalen Roten Kreuzes handelt es sich um die Behandlung und Neutralität gegenüber Nicht-Kombattanten im Kriegsfall — insbesondere gegenüber Verwundeten und dem medizinischen Personal. Diese Norm wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt und bewährte sich erstmals im Deutsch-Österreichischen Krieg von 1866 (Finnemore 1996b: 69–88). Im Falle der Weltbank handelt es sich um die Neudefinition des Armutsbegriffs in den 1970er Jahren und die Lancierung von politischen Strategien und Maßnahmen, um die individuelle Armut von Menschen in Entwicklungsländern zu lindern. Die Weltbank — insbesondere die McNamara-Administration — setzte sich vor allem bei Geberländern dafür ein, dass diese die Neukonzeption des Armutskonzepts akzeptierten. Auf der einen Seite erhielt die Politik der Weltbank dadurch Legitimation; auf der anderen Seite forderte sie, dass Staaten ihre Entwicklungspolitik an diesem neuen Konzept ausrichteten (Finnemore 1996b: 89–127).

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  37. In den Internationalen Beziehungen wird häufig zwischen Argumentieren und Verhandeln bzw. Aushandeln unterschieden. Damit wird angedeutet, dass es beim Argumentieren eher um das Überzeugen geht, um im Laufe einer Verhandlung zu einem Kompromiss zu finden, während es beim Verhandeln oder Aushandeln eher darum geht, durch Anreize und Androhungen ein Verhandlungsergebnis zu erzielen (Holzinger 2001; Müller 2004). Diese Diskussion wird primär vor dem Hintergrund zwischenstaatlicher oder innerstaatlicher Verhandlungen geführt, sie bezieht sich allerdings nur selten auf Kommunikationsprozesse zwischen internationalen Organisationen und Staaten.

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  38. Siehe in diesem Zusammenhang auch die Diskussion zu organisationalem Lernen. Dort wird unterschieden zwischen einem einfachen Lernen, das sich in der Veränderung des Verhaltens gegenüber externen Anforderungen widerspiegelt und einem komplexen oder double-loop Lernen, das nicht nur ein verändertes Verhalten mit sich bringt, sondern auch das Bewusstsein darüber prägt, was adäquates oder moralisch richtiges Verhalten ist (Argyris 1976; Klimecki/Thomae 1997; Wiesenthal 1995).

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  39. Hier ließe sich natürlich einwenden, dass einzelne Staaten sehr wohl einen Einfluss auf die Gestaltung internationaler Organisationen haben können. So stellt beispielsweise die USA den Generaldirektor der Weltbank, der häufig in seiner früheren beruflichen Karriere für die US-amerikanische Administration tätig war (Fischermann 2005). Diese empirische Gesetzmäßigkeit darf jedoch nicht zu der Annahme verleiten, die Weltbank entscheide vor allem im Interesse der USA. Denn formal ist die Administration der Weltbank unabhängig von mitgliedstaatlichen Weisungen.

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  40. „Legal sanctions constitute the reaction of the legal community as a moral sanction, legal sanctions are socially organized measures; [...] they are applied against or without the will of the person [or the state, MK] against whom they are directed; they are, finally, to be applied by physical force, if necessary“ (Kunz 1960: 324).

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  41. Umstritten ist in den Internationalen Beziehungen, wie sich abweichendes Verhalten von Staaten gegenüber vereinbarten Regeln und Normen erklären lässt. Man kann den Enforcement-und Management-Ansatz unterscheiden. Während der Enforcement-Ansatz Nicht-Einhaltung als ein rationales Verhalten von Staaten erklärt, die Normen und Regeln nicht mehr einhalten, wenn es nicht mehr nützlich ist, geht der Management-Ansatz davon aus, dass Staaten generell geneigt sind, Vereinbarungen einzuhalten (Young 1992). Diesem Verständnis folgend ist Nicht-Einhaltung weniger eine bewusste Entscheidung als vielmehr „an effect of capacity limitations and rule ambiguity. By consequence, non-compliance is best be addressed through a problem-solving strategy of capacity building, rule interpretation, and transparency, rather than through coercive enforcement“ (Tallberg 2002: 613).

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  42. Zum Zusammenhang zwischen Sanktionen, den mit der Sanktion verbundenen Zielen und den sich aus dieser Konstellation abzeichnenden Problemen siehe Drenzer (2000).

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  43. Mit der Möglichkeit, Sanktionen gegen Staaten zu verhängen, geht die Annahme einher, dass Staaten internationale Vereinbarungen eher einhalten bzw. weniger häufig brechen, wenn Zuwiderhandlungen bestraft werden. Dieser Zusammenhang lässt sich allerdings empirisch nicht eindeutig nachweisen. Es gibt sowohl Studien, die den Erfolg als auch den Misserfolg von Sanktionen belegen. Vor allem die teilweise eingeschränkte Wirkung von Wirtschaftssanktionen ist häufig in den Internationalen Beziehungen thematisiert worden (Drenzer 2000). Morgan und Schwebach (1997) warnen daher von einem ausufernden Einsatz von wirtschaftlichen Sanktionen, da diese nur unter ganz bestimmten Bedingungen Erfolg versprechen. Häufig produzieren wirtschaftliche Sanktionen nicht nur zusätzliche Kosten und Einschränkungen für den sanktionierten, sondern auch für den sanktionierenden Staat (Morgan/Schwebach 1997: 46ff).

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  44. „Uninstitutionalized cooperation is therefore counterproductive in generating concessions from the targeted country. International organizations can turn fragile agreements to cooperate into a robust coalition by enforcing a previously agreed-on equilibrium. International organizations do this by acting as a coordinating mechanism for reassurance and information, enabling governments to resist domestic pressures, and providing side payments to increase the value of continued cooperation“ (Drenzer 2000: 75).

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  45. Man könnte an dieser Stelle sicherlich einwenden, dass sich beispielsweise die USA nicht an der Legitimierung militärischer Interventionen durch die UN orientieren, da sie beispielsweise militärische Interventionen auch ohne UN-Mandat unternehmen, wie das Beispiel des zweiten Irakkriegs zeigte. Auf der anderen Seite lässt sich an diesem Beispiel auch verdeutlichen, dass die USA nicht über den UN-Sicherheitsrat hinweggehen, sondern sehr wohl versucht haben, ihr militärisches Eingreifen durch eine entsprechende Resolution zu legitimieren. Aufgrund von Uneinigkeiten im UN-Sicherheitsrat konnte eine solche Resolution allerdings nicht verabschiedet werden (Yoo 2003).

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  46. Kunz betont daher, dass militärische Sanktionen der Vereinten Nationen nicht diesen zuzurechnen sind, sondern auf der Initiative von Staaten beruhen, die bestimmte militärische Aktionen als Reaktion auf eine internationale Normverletzung unternehmen wollen. Um diese Aktion durchzuführen, kontaktieren sie die Vereinten Nationen und drängen auf eine Resolution, die sie ermächtigt, vor allem aber dazu legitimiert, militärisch zu intervenieren (Kunz 1960).

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  47. Obwohl das Streitbeilegungsverfahren der WTO zu den prominentesten seiner Art zählt, gibt es viele internationale Organisationen, die über ähnliche Verfahren oder Quasi-Gerichtsbarkeiten verfügen (Merrills 2005), wie z.B. der internationale Seegerichtshof (Lörcher 2001), der MERCOSUR (Wehner 1999), die ZKR Bauer 1998). Insbesondere in den internationalen Handelsbeziehungen lässt sich der Trend beobachten, dass Staaten Streitfälle vor eine Schiedsorganisationen bringen (McCall Smith 2000).

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  48. Neben Weber beziehen sich die Autoren auch auf Selznick (Barnett/ Finnemore 2004: 17; Selznick 1966).

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  49. Der Begriff der Regel wird von Barnett und Finnemore als explizite und implizite Norm, Festlegung oder Erwartung verstanden, durch die die soziale Welt ebenso wie das Verhalten der Akteure in dieser definiert und geordnet werden (Barnett/ Finnemore 2004: 18).

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  50. Das Verhältnis zwischen Bürokratien und Regeln ist in gewissem Maße zirkulär, denn Bürokratien erschaffen Regeln, durch die zukünftiges Verhalten bestimmt wird, aber dieses Verhalten formt wiederum die Evolution und den Inhalt von Regeln (Barnett/ Finnemore 2004: 20).

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  51. Dieser Aspekt geht nicht zuletzt auf Finnemores (1996) Überlegungen zurück, die beschreibt, dass Interessen von Staaten vor allem auch durch internationale Normen über angemessenes Verhalten geprägt werden können (Finnemore 1996b: 128ff).

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  52. Barnett und Finnemore betonen, dass internationale Organisationen sich auch konträr zu den Absichten und Interessen ihrer Mitgliedstaaten verhalten und fehlerhafte Ergebnisse produzieren können. Die Autoren haben hierfür den Begriff der Pathologie internationaler Organisationen reserviert. An dieser Stelle wird auf diesen Aspekt nicht weiter eingegangen, weil er wenig über die Verselbständigung internationaler Organisationen aussagt, wohl aber darauf hinweist, dass internationale Organisationen nicht als „Allheilmittel“ der internationalen Politik verstanden werden, sondern als Bürokratien agieren und staatliches Verhalten beeinflussen — ohne sagen zu können, ob diese Aktionen oder der Einfluss gut oder schlecht, wünschenswert oder unerwünscht sind (Barnett/ Finnemore 2004: 34–41).

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(2008). Internationale Organisationen: Von Instrumenten zu Akteuren. In: Verselbständigungsprozesse internationaler Organisationen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91063-5_2

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