Auszug
Moderne westliche Gesellschaften verstehen sich fast ausnahmslos als repräsentative Demokratien. Die Idee der politischen Repräsentation, wie sie im Prozess der Ausdifferenzierung einer autonomen Sphäre politischen Handelns, der Entstehung des modernen Staates sowie schließlich der Demokratisierung der Gesellschaft entstand und zwischen politischer Pragmatik und politischer Ästhetik verortet wurde, war aber von Anfang an umstritten. Hobbes, der Begründer der modernen politischen Theorie, erklärt Repräsentation im Sinne der Stellvertretung, aber auch der theatralen Inszenierung, zum Kern des Politischen. Rousseau dagegen ist der Ansicht, dass die Idee der Repräsentation Hobbes’ Theorie des Gesellschaftsvertrages und damit die Natur des Politischen zerstöre. Im Rahmen seines Gegenentwurfs entwickelt er die Idee eines politischen Festes, mit dem das um einen Maibaum tanzende Staatsvolk nicht, wie im Leviathan, dem Repräsentanten huldigt, sondern sich selbst in seiner unmittelbaren politischen Identität als souveräne Bürgerschaft feiert. Auch aktuell ist die, allerdings bis ins frühe 20. Jahrhundert zurückreichende, Diskussion von der These einer angeblichen Krise der Repräsentation bestimmt. Repräsentation gilt den Kritikern als Ausdruck einer historisch überholten staatsfixierten Politikkonzeption, und zumal Soziologen haben sich auf die Suche nach einem »erweiterten Politikbegriff« begeben (vgl. ihrerseits kritisch Soeffner & Tänzler 2002a).
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Tänzler, D. (2008). Repräsentation Brücke zwischen Phänomenologie und Soziologie des Politischen. In: Phänomenologie und Soziologie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91037-6_24
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