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#x201A;Soziale Ausschließung#x201C;: Produktionsweisen und Begriffs-Konjunkturen

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Auszug

‚Soziale Ausschließung ‘hat eine schnelle Karriere gemacht: Bis in die 1980er Jahre gab es den Begriff in der Soziologie und in der Kriminologie nur als Randerscheinung.1 Durchgesetzt wurde er in den 1990er Jahren durch ein EU-Forschungs-Programm „TSER“ — Targeted Socio-Economic Research, mit einem Teil-Bereich „soziale Integration und soziale Ausschließung“. Mit anderen Worten: Er wurde mit etwa 30 Millionen ECU (wie der Euro damals, 1994–98, noch hieß) erkauft. Von Brüsseler Insidern wird berichtet, dass in den dortigen diplomatischen Anstrengungen, keine europäische Sozialpolitik zu machen, dieser Begriff (von der französischen ‚marginalisation‘ ausgehend) präferiert wurde, weil man damit nicht von ‚Armut‘ sprechen musste. Die Durchsetzung des Begriffs wurde vor allem dadurch erreicht, dass (geschätzt) etwa tausend Sozialwissenschaftler in ganz Europa veranlasst wurden, sich gegen Bezahlung ein bis zwei Jahre mit ‚Aus Schließung‘ zu beschäftigen. Der Großteil davon waren Projekte zur Sozialpolitik und zu Sozialen Problemen, in denen die Autoren ihre bisherige Arbeit zu diesen Themen unverändert fortführten, sie aber ab jetzt in die Begrifflichkeit packten, die der Auftraggeber verlangte und ohne die man am Wettbewerb um die Forschungsgelder (die aus dem jeweils nationalen Zugriff nach Brüssel verschoben wurden) nicht teilnehmen konnte.

Eine dieser Randerscheinungen war übrigens ich selbst — ich habe das Wort schon lange und zunächst ohne größeren theoretischen Anspruch verwendet. Ich kannte zufällig auch das Buch von Klanfer (1969), das eine UNESCO-Tagung in Paris 1964 dokumentiert, auf der es ‚offiziell‘ gemacht wurde. Ausführlicher zur Geschichte des Begriffs ‚Soziale Ausschließung‘ vgl. Steinert (2000, 2003) sowie Kronauer (2002).

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Daniela Klimke

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© 2008 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

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Steinert, H. (2008). #x201A;Soziale Ausschließung#x201C;: Produktionsweisen und Begriffs-Konjunkturen. In: Klimke, D. (eds) Exklusion in der Marktgesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90862-5_2

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-90862-5_2

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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  • Online ISBN: 978-3-531-90862-5

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