Auszug
Als 1984 in Frankreich (und 1986 in Deutschland) sein Werk „Der Gebrauch der Lüste — Sexualität und Wahrheit 2“ erschien, da wurde ersichtlich, dass Foucault „Sexualität und Wahrheit 1“ (1977a) nicht einfach fortgesetzt hatte. Foucault hatte seinen Fokus deutlich verändert: von einer, vereinfacht formuliert, Geschichte der Sexualität hin zu einer Fragestellung, wie sich Menschen selbst gestalten, mit welchen Methoden sich Subjekte herstellen — auch bezüglich des Umgangs mit Sexualität. Dieses Thema bedeutete für Foucault auch die Hinwendung zur Antike, zu den antiken Texten, die das Abendland so entscheidend konfiguriert haben. Bei diesem Vorhaben stieß Foucault auf den Begriff der diaiteia, der Diätetik, die als Lehre von der Lebensweise übersetzt werden kann. Sie kreist um Fragen, wie etwa: Wie ernähre ich mich? Wie praktiziere ich Sexualität? Wie stark kontrolliere ich meine innere Natur? Welches Verhältnis gehe ich hiermit zu mir selbst ein? Diätetik stellt so einen selbst bestimmten Umgang mit sich selbst dar. Es gibt keine Religion, die vorschreibt, wie das Leben zu gestalten ist, es gibt keine quasi rechtsverbindliche wissenschaftliche Lehrmeinung, wie die Nahrungsaufnahme zu bewerkstelligen ist, vielmehr ist der freie Bürger aufgerufen, selbst zu definieren, wie der Umgang mit dem eigenen Körper und der Zugang zur Welt sein soll.
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Literatur
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© 2008 VS Verlag fü Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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Klotter, C. (2008). Von der Diätetik zur Diät — Zur Ideengeschichte der Adipositas. In: Schmidt-Semisch, H., Schorb, F. (eds) Kreuzzug gegen Fette. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90800-7_2
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